von Raphael Stompe
„Ich weiß ja nicht in welchen Beziehungssphären du dich im Moment befindest, aber ich bin unglücklich. Jetzt, wo ich von dir weg bin, realisiere ich das erst. Ich schreibe dir das, weil ich dich nicht hinhalten will. Wir beide wollen einfach unterschiedliche Dinge und du hast bereits so viel falsch gemacht, was mich immer wieder verletzt hat. Ich wurde hier öfter über dich gefragt und es war mir fast peinlich von dir zu erzählen. Ich brauche Stabilität in einer Beziehung und das ist mir hier klar geworden. Ich brauche jetzt Zeit für mich, damit ich über alles nachdenken kann und mir überlegen kann, ob mir diese Beziehung überhaupt noch etwas geben kann. Wir hören uns ein paar Tage nachdem ich zurück bin. Ich kann dir aber nichts versprechen. Ich weiß echt nicht, wie ich diese Nachricht beenden soll. Es tut mir leid.“
Die Nachricht war gekommen, kurz nachdem ich mich schlafen legen wollte. Durch Zufall sah ich die Nachricht und öffnete sie freudig, weil ich mich nach einem Tag Funkstille von ganzem Herzen nach einem Lebenszeichen meiner Freundin gesehnt habe. Während meine Augen über diese Zeilen flogen, war mein Herz gesunken und irgendwo auf dem Boden zerschmettert. Jetzt starre ich auf den Verlobungsring, der vorbereitet auf dem Nachtkästchen liegt. Ich denke an die wunderschönen letzten Wochen, die wir vor ihrem Flug gemeinsam verbracht haben. Daran wie ich sie um halb 4 in der Früh zum Flughafen gefahren habe – wie wir uns ein letztes Mal geküsst haben, bevor sie das Gebäude betreten hat. Tränen beginnen an meiner Wange hinunterzulaufen. Ich nehme mein Handy in die Hand und rufe sie an. Es klingelt. Nichts. Ich drücke wieder auf Anrufen, abermals klingelt es – nichts. Meine Freundin hebt nicht ab. „Bitte heb ab“, schreibe ich ihr. Ich warte, bis die WhatsApp Häkchen blau werden. Sie schreibt nicht zurück. Meine Finger gleiten über das Display. Ihr Bild poppt auf, als ich sie wieder anrufe. Es piept, dann höre ich ihre eiskalte Stimme. „Ja.“
„Was ist passiert?“
„Hab ich dir geschrieben.“
„Aber wir wollen doch dasselbe. Ich will dich heiraten, ich will Kinder mit dir haben. Ich will ja sogar ein gemeinsames Konto. Ich will dir die Stabilität geben, die du willst.“
„Das ändert nichts an meiner Entscheidung.“
„Ich – du bist die Frau meiner Träume, mach das nicht. Bitte. Lass uns doch einfach reden.“ Stille in der Leitung. „Ist irgendwas passiert?“
„Nein.“ Ein Bild schießt mir durch den Kopf, von ihr und ihrem Host, der sich seit Tagen um sie ‚kümmert‘. Ich spreche sie aber nicht darauf an. Ich vertraue ihr bis in die tiefsten Bereiche meiner Seele. “Ich lege jetzt auf”, sagt sie und tut es. 2 Monate nach dem Telefonat. Ich war in der Zwischenzeit innerlich zerfallen und von Panikattacken zerfetzt, während sie es sich in der Karibik gut gehen hat lassen. Ein Treffen folgte, sie wollte nur Sachen tauschen und nie wieder etwas von mir hören, da sie mit mir fertig sei. Sie wollte es nicht, aber am Ende desselben rutschte ihr heraus, dass sie sich einfach in ihren Host verliebt hatte und nicht den Schneid besessen hatte es mir offen und ehrlich zu sagen. Bis zum Ende nicht. Stattdessen wälzte sie die Schuld auf mich ab. Das Einzige, was sie sagte, als ich das herausfand: „Bitte, bring das nicht an die Öffentlichkeit.“ Hm. Ehrlich, jetzt wo ich das schreibe, kommen keine Tränen mehr.
© Raphael Stompe 2022-10-19