von Marcela
Für diese Woche haben sich mein Freund Alex und ich ein Großprojekt vorgenommen: Keller und Wohnung entrümpeln! Die Vorbesitzer hatten nämlich einiges zurückgelassen, als Alex die Wohnung vor 7 Jahren übernahm. Das war kurzerhand dahin geräumt worden, wo es nicht störte (Keller, obere Regale). Ich drängte allerdings schon länger, das alte Zeug endlich wegzugeben, um etwas mehr Platz zu schaffen.
Also hatten wir alles, was wir weggeben wollten, herausgeräumt und ich fotografierte es ab, um es als „Zu verschenken“ auf Willhaben.at zu stellen. Da war einiges dabei: ein Tisch, mehrere Sessel, eine Lampe, eine Wetterstation, einige Bilder, und noch vieles mehr.
Unter anderem meldete sich auch Sajad, der drei Sessel wollte. Seine erste Nachricht lautete: „Ich wollen haben!“. Mir war nicht ganz wohl, aber egal, er hatte sich als erstes gemeldet, also wĂĽrde wĂĽrde er die Sessel bekommen, das war nur fair.
Ich gab ihm die Adresse durch, in 30 Minuten wĂĽrde er da sein. Innerhalb dieser 30 Minuten schrieb er mir noch zwei weitere male in anderen Chats, immer dieselbe Nachricht: „Ich wollen haben!“, die letzte davon schickte er nur wenige Sekunden weg, bevor er an der HaustĂĽr läutete.
Wir öffneten die TĂĽre und vor uns standen zwei etwa 40-jährige Männer, die uns angrinsten. „Bist du Sajad?“, fragte ich. Sie nickten. Ich erklärte ihnen, dass wir ihnen die reservierten Dinge rausbringen wĂĽrden, wegen Corona sollten sie bitte nicht hereinkommen.
Gemeinsam brachten Alex und ich die drei reservierten Dinge heraus. „Ihr noch was zu verschenken?“, fragte Sajad plötzlich. Also brachten wir ihm noch die anderen Dinge, die wir in der Wohnung oben hatten. Gierig riss er sie an sich, er wollte jedes einzelne StĂĽck mitnehmen. „Ihr noch mehr gratis?“, kam danach. Alex und ich sahen uns kurz ratlos an. Der Kerl war uns total unsympathisch, aber das war unsere Chance, all das GerĂĽmpel im Keller loszuwerden. Also fĂĽhrten wir sie hinunter.
Alex hatte gerade mal so das Kellerabteil geöffnet, da drängte sich Sajad schon in das Abteil hinein und begann, es zu durchwĂĽhlen. RUMMS! WUMMS! KABUMM!, hörte man es. Ohne RĂĽcksicht gab er alles, was er behalten wollte, in den Gang und wĂĽhlte sich immer weiter. Alles wollte er haben. Durch sein wildes WĂĽhlen machte er einen Tisch und einen Sessel kaputt. „Fahrrad gratis?“, und deutete auf Alex neues Rennrad. Ganz entsetzt verneinte Alex. Als er schlieĂźlich alles erbeutet hatte, was es nur zu erbeuten gab, rief er nach seinem Kumpel und sie trugen all das Zeug weg. Wir hörten kein einziges Danke von ihnen.
Alex bestand darauf, das Rennrad fĂĽr einige Zeit in die Wohnung zu stellen, er traut es den beiden durchaus zu, nochmal zurĂĽckzukommen und das Fahrrad zu stehlen.
Im Nachhinein tut es mir etwas leid, dass die Sachen keine Menschen bekommen haben, die sie wertschätzen, aber immerhin ist unser Großprojekt Keller entrümpeln so zu einem schnellen und erfolgreichen Abschluss gekommen. Platz haben wir jetzt wieder genug.
© Marcela 2020-05-13