Ein wirklich stilles Örtchen

Gudrun Salzer

von Gudrun Salzer

Story

Hochschwanger und nicht mehr ganz voller Vorfreude- 38 Wochen waren vergangen und auf dem Kalender erschien der Vollmond. Das war mein „errechneter“ Geburtstermin. Doch leider hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Das Kind in meinem Bauch wollte sich partout nicht nach meinen Wünschen richten. Morgens stand ich mit Wehen auf und abends legte ich mich ihnen schlafen. In der Hoffnung, dass es in dieser Nacht endlich losgehen würde. Nicht die Bohne.

So blieb mir nichts anderes über, als wieder einmal den wöchentlichen Großputz abzuarbeiten. Auf die großzügige Unterstützung meiner 21 Monate alten Tochter konnte ich zählen. Im Teamwork erledigten wir den Job. Hinter mir zog sie durch die Wohnung und reinigte die eben von mir gesäuberten Flächen noch einmal nach. Besonders entzückte mich die Technik im Übrigen beim Fensterputzen.

Wir näherten uns der Zielgeraden- eine Abschlussrunde mit dem Staubsauger mit abschließendem Wischen, dann würde sich das Schlafzimmer dem Rest der Wohnung anpassen. Während ich mit dem staubfressenden Ungeheuer zu Gange war, verlor ich meine Tochter aus den Augen. Nichts Ungewöhnliches, da sich das Kind doch frei in der gesicherten Umgebung bewegen durfte.

Draußen hatte sich bereits die Nacht über die Landschaft gelegt und mir knurrte der Magen. Zeit fürs Abendessen. Nur noch die nebelfeuchte Reinigung des Bodens trennten mich und meine Tochter vom Abendmahl.

Meine Tochter. Ja, wo war sie abgeblieben?

Ich durchkämmte die Wohnung und konnte sie nicht finden. Eine leichte Unruhe überkam mich. Die Wohnungstüre war fest verschlossen und der Schlüssel an seinem Platz.

Die nächste Runde der Tochtersuche, die nun ungemein hektischer verlief, blieb ergebnislos.

Panik löste die Hektik ab.

Beim 4. Durchgang fiel mir auf, dass die Klotüre verschlossen war. Gerade als ich die Hand an die Türklinke legen wollte, drang aus dem nun nicht mehr stillen Örtchen ein leises Kichern.

Mit Schwung verschaffte ich mir Zutritt zu unserer Toilette. Mich traf beinah der Schlag, der sich aber immer noch nicht als geburtsauslösend erwies.

Unser 6 m² großes Klo wartete neben der Klomuschel mit einem kleinen Waschbecken, einem offenen Regal, gefüllt mit Toilettenpapier und Hygieneartikel und einem kniehohen Stapel Zeitungen und Zeitschriften auf.

All diese Dinge waren von Wasser überflutet!

Die Flut produzierte meine reizende Tochter, indem sie eine Stoffwindel in das (frisch geputzte) Klo tauchte. Beim Herausziehen gab der tropfnasse Baumwollstoff die aufgesogene Flüssigkeit gleichmäßig an das Interieur ab. Auch das jauchzende Kind triefte. Kurzerhand landete es in der (frisch geputzte) Brause. Nach dem Abendbrot steckte ich die wohlduftende Tochter ins Bett. Danach beseitigte ich immer noch hungrig die Überreste der Häuslflut.

Der Kindsvater hatte an diesem Abend einen „Riecher“. Erst als alles trockengelegt war, drehte er den Wohnungsschlüssel im Schloss um.

© Gudrun Salzer 2020-01-20