von Heli Higl
Am Folgetag lieh ich mir den Community Einbaum von Jared aus, den ich am Ankunftstag bei meiner Inselerkundung kennengelernt hatte. Wir vereinbarten, dass ich in drei Stunden zurück sein sollte.
Anfänglich kämpfte ich mit Problemen den 5-6 Meter langen Einbaum relativ gerade über den See zu bewegen. Durch meine Schlangenlinienfahrt machte ich zusätzlich beträchtliche Meter, die ihre Zeit in Anspruch nahmen. Nach etwa einer halben Stunde hatte ich die einen Kilometer per Luftlinie entfernte Insel Bushara erreicht. Verbotsschilder ließen mich bis zur abgewandten Seite der Insel paddeln, bis ich endlich anlegen konnte.
Zu Fuß erkundete ich die kleine Insel, auf der nur eine einzige Lodge zu liegen schien. Kein Mensch kreuzte meinen Weg durch die dichte Vegetation. Ein Blick auf die Uhr trieb mich zur Eile. Ich hatte mir noch eine beträchtliche Strecke vorgenommen, die bei meinem Zick-zack-Kurs seine Zeit in Anspruch nehmen würde.
Nach Vollendung der Umrundung der Insel sowohl zu Wasser als auch an Land, steuerte ich die Westseite der größeren Insel Bwama an, an der ich bei der Fahrt nach Bushara bereits östlich vorbeigepaddelt war. Diese ist besiedelt inklusive Schule und Kirche.
Die Zeit verging wie im Flug. Ich gab Gas, damit ich die drei Stunden nicht überschritt. Es sah bereits nach einer zeitlichen Punktlandung aus, als mich eine alte Frau mit Paddel in der Hand am Ufer stehend heranwinkte. Ich dachte erst sie möchte den Community Einbaum übernehmen. Nachdem ich bei ihr angelegt hatte, gab sie mir allerdings zu meiner Überraschung zu verstehen, zur Bwama Insel übergesetzt werden zu wollen. Ich würde dann zwar den Einbaum zu spät zurückbringen, was ich jedoch mit der Dienstleistung für die Community rechtfertigen konnte. Die einfache Strecke war wohl etwa 150 Meter. Sie nahm vor mir Platz und begann das Wasser mir ihrem Paddel mehr zu streicheln, als für richtigen Vortrieb zu sorgen. Das blieb an mir hängen. Etwas schief steuerte ich den Landungssteg an, an dessen Ufer geschätzte 50 Kinder standen und beobachteten, wie sich der Muzungu so macht mit dem Einbaum. Die alte Frau drehte sich mehrmals zu mir um, um mir ihre Unzufriedenheit mit dem eingeschlagenen Kurs zu signalisieren. Dieser entsprach jedoch genau meiner selbstentwickelten Technik. Von so vielen Augen beobachtet, oder wie ich es eher empfand, taxiert zu werden war der Erfolgsdruck groß, eine akzeptable Anlandung hinzulegen. Ich hielt den Druck stand und legte für mein Gefühl recht passabel an. Die alte Frau entstieg ohne große Dankesworte dem Einbaum. Vielleicht hatte sie soeben die dilettantischte Überfahrt ihres gesamten langen Lebens miterleben müssen. Die Kinder schickten den Einbaum samt Inhalt mit einem Schubbs auf die Rückreise.
© Heli Higl 2021-02-22