„Eine Flucht vor der Dunkelheit“

Hela Hanchi_GĂŒler

von Hela Hanchi_GĂŒler

Story
OsnabrĂŒck/Dodesheide 1996

Die Lerchenstraße in der Dodesheide, einem Stadtteil von OsnabrĂŒck, wo das Jugendzentrum neben dem WaldstĂŒck und dem Ententeich lag, verbrachte ich viele Stunden mit meinen Freunden. Es war ein Ort der Freiheit und des Abenteuers, doch eine schicksalhafte Nacht sollte alles verĂ€ndern. Ich war 15 Jahre alt, es war spĂ€t und die Dunkelheit legte sich ĂŒber die BĂ€ume, als ich mich auf den Weg nach Hause machte. Meine Mutter wĂŒrde sicherlich wĂŒtend sein, wenn ich zu spĂ€t kĂ€me. Ich hatte nur zwei Möglichkeiten: Den langen Weg entlang der Straße nehmen, was eine halbe Stunde gedauert hĂ€tte, oder den kĂŒrzeren Weg durch den Wald wĂ€hlen. Als ich mich fĂŒr den schnelleren Weg entschied, ahnte ich nicht, welches Unheil mir bevorstand. Plötzlich hörte ich das Knacken von Zweigen hinter mir und drehte mich um, konnte aber in der Dunkelheit nichts erkennen. Mein Herz begann zu rasen, doch ich versuchte, mich auf den Heimweg zu konzentrieren. Plötzlich durchzuckte mich eine unerklĂ€rliche Angst, und meine innere Stimme schrie förmlich: „LAUF!“ Ich gehorchte und sprintete, wĂ€hrend ich die Schritte meines Verfolgers hinter mir hörte. Doch ich war schneller und erreichte schließlich die beleuchtete Hauptstraße, wo der Unbekannte plötzlich verschwand. Als ich endlich zu Hause ankam, wartete die Wut meiner Mutter auf mich. Doch meine Gedanken waren noch immer im Wald, gefangen in der Furcht vor dem Unbekannten. „Was wollt ihr alle von mir?“, fragte ich mich verzweifelt, wĂ€hrend meine innere Stimme, meine einzige Heldin in dieser Nacht, mich zurĂŒck in die Sicherheit des Zuhauses fĂŒhrte. Ich betrat das Haus mit zitternden Beinen und einem pochenden Herzen. Meine Mutter stand bereits in der TĂŒr, ihre Augen funkelten vor Zorn. Sie begann sofort, mir VorwĂŒrfe zu machen, doch meine Gedanken waren noch immer bei dem Mann im Wald. WĂ€hrend sie mich ausschimpfte, konnte ich ihre Worte kaum hören. Mein Kopf war voller Gedanken an das, was gerade passiert war, und die Angst ließ mich nicht los. Ich fragte mich, warum ich mich immer in dieser Situation befand, warum jemand mich verfolgen wĂŒrde ist das dass Leben? Ist das normal? Passiert es anderen auch? Fragen ĂŒber Fragen schossen mir durch den Kopf. Als meine Mutter endlich verstummte, zog ich mich still in mein Zimmer zurĂŒck. Dort ließ ich mich auf mein Bett sinken und starrte in die Dunkelheit. Ich wusste, dass ich GlĂŒck gehabt hatte, dass ich rechtzeitig weggekommen war. Aber das GefĂŒhl der Unsicherheit blieb, und ich konnte nicht vergessen, was ich im Wald erlebt hatte. In dieser Nacht fiel mir das Einschlafen schwer. Die Bilder von dem Mann im Wald und das GerĂ€usch seiner Schritte hallten in meinem Kopf wider. Doch trotz der Angst, die mich durchzuckte, fĂŒhlte ich auch eine tiefe Dankbarkeit. Dankbarkeit dafĂŒr, dass meine innere Stimme mich gewarnt hatte und dass ich sicher zu Hause war. Und wĂ€hrend ich mich in mein Kissen schmiegte und die Augen schloss, betete ich leise, dass ich nie wieder solche Angst verspĂŒren mĂŒsste.





© Hela Hanchi_GĂŒler 2024-02-09

Genres
Lebenshilfe, Biografien
Stimmung
Abenteuerlich, Dunkel, Hoffnungsvoll, Mysteriös, Angespannt
Hashtags