Eine geheimnisvolle Frau

Story

1978/79 in Salzburg kam eines Tages eine zarte, kleine Frau in mein Büro bei Mercedes. Immer wieder schafften es Leute ohne Termin in den 4. Stock, obwohl wir stark abgesichert waren. Es waren die Jahre der RAF-Morde in der BRD und der Palmers-Entführung in Österreich. Die Pappas-Brüder, und damit wir in ihrem engsten Umfeld, waren entsprechend stark gesichert.

Diese Frau, sie sah aus wie die Drillingsschwester von Leslie Caron und Lilli Palmer, stand eines Tages vor mir und schenkte mir ihr Buch „Montgomery Clift… unvergessen“. Warum gerade mir? Das frage ich mich noch heute. Viel Zeit dürfte ich nicht gehabt haben und so tat es mir später, nachdem ich das Buch gelesen hatte, sehr leid, dass ich mit Frau Gassler nicht mehr gesprochen hatte, ihre Liebesgeschichte war außergewöhnlich.

Kürzlich sah ich auf „arte“ den 1951 gedrehten Film „A Place in the Sun“, mit Monty Clift und der jungen Elizabeth Taylor und kramte Frau Gasslers Buch wieder hervor. Sie verehrte ihn seit ihrem 14. Lebensjahr, sammelte alles, schrieb ihm, traf ihn. Sie spürte ihn nach monatelanger Suche in verschiedenen US-Staaten schließlich in New York auf, lebte von 1962 bis 1965 bei ihm, die meiste Zeit in einem Upper East Apartement, er in der 61th, sie in der 62nd Street.

Über sich selbst schreibt sie wenig. Sie lebte in Salzburg, ging oft zu den Festspielen, lernte Amerikaner kennen, die ihr später bei der Suche halfen. Sie kannte den Schauspieler Walther Reyer sehr gut, damals der „Jedermann“. Geld schien keine Rolle gespielt zu haben, von Beruf oder Arbeit ist nie die Rede, wohl aber von einem Hauskauf für Monty und sie an der Costa del Sol, zu dem es nicht mehr kam.

1965 ging sie wegen einer lebensgefährlichen OP, die sie ihm gegenüber stark herunterspielte, nach Wien und ahnte, dass sie ihn nie wiedersehen würde, aber weil sie befürchtete, dass SIE sterben würde. Eifersüchtig war sie und so kam es 1966 auch zu einem Zerwürfnis bei den Dreharbeiten zu seinem letzten Film in München „Lautlose Waffen“ mit Hardy Krüger, das ihr sehr zu schaffen machte, weil sie ihn danach wirklich nie mehr sah.

Diesen Schmerz hat sie nie überwunden und lebte seither sehr zurückgezogen in Salzburg mit ihren Erinnerungen an die glücklichste Zeit ihres Lebens an der Seite eines Mannes, der homosexuell war und an seinen eigenen Ansprüchen aber auch an der „Moral“ Hollywoods gescheitert war.

Ob die beiden eine sexuelle Beziehung hatten, geht aus dem Buch nicht hervor. Sie erzählt von leidenschaftlichen Küssen, dass sie übermütig wie Kinder durch die New Yorker Straßen hüpften, er sie immer in seiner Nähe haben wollte. Es tauchen aber auch immer wieder bei gemeinsamen Abendessen oder Theaterbesuchen „interessante Männer“ auf, Schriftsteller, Models, deren Rolle sie nie hinterfragte.

Ganz klar geht aus dem Buch hervor, dass sie ihn abgöttisch liebte, bis zur Selbstverleugnung, und offenbar wohl auch eine große Seelenverwandtschaft bestand.

Clift starb am 22. Juli 1966 in New York.

© 2019-12-02

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