Eine Handbreit Wasser unterm Kiel

Herbert Schieber

von Herbert Schieber

Story

Unser Chef hat die Firmenleitung davon überzeugt, dass eine Woche gemeinsames Adria-Segeln eine Mannschaft zusammenschweißt. Wir belegen zwei Segelboote. Bei uns mit an Bord sind unser Chef als Skipper und wir fünf unerfahrene Segeldeppen. Nach einer kurzen Einschulung und einem langen Manöverschluck heißt es „Leinen los“.

Unser Chef steuert unsere Segelyacht routiniert durch die Wellen. Am zweiten Boot hängt schon einer über die Reeling und füttert mit seinem Mageninhalt die Fische. Bei uns sind alle seefest. „Weiß jemand wie spät es ist?“ fragt der Chef. Hubsi schaut auf die Kajütenuhr und ruft herauf. „Zehn nach zwölf!“ „Danke!“ Nach etwa einer Stunde nochmal dieselbe Frage vom Chef. „Zehn nach zwölf!“ ruft Hubsi wieder. „Gibt’s doch nicht, das war’s doch vorher!“ Bei Hubsi gibt’s das… er hat nämlich den Barometerstand abgelesen.

Die erste Nacht. Drei Uhr. Ich habe noch kaum geschlafen. Fredl, mein Bugkabinen-Schlafgenosse, schnarcht erbärmlich. Jetzt reicht es! Ich geh an Deck und lege mich unter freien Himmel auf die freie Bank. Auf der zweiten liegt schon Wolfi. Ich schlafe sofort ein. Als mich die Sonne weckt seh ich, die Bank neben mir ist leer. Da kommt Wolfi von ganz vorne daher und beklagt sich. „Ich bin von unten geflüchtet weil Hias so geschnarcht hat. Leg mich auf die Bank. Dann kommst du daher und schnarchst auch. Ich geh ganz nach vor. Da schnarcht mir dort Fredl über eure Kabinenluke ins Ohr!“ Erst nach dem Zahnputz-Stamperl war Wolfi wieder der Alte.

Wir legen ab. Fredl darf steuern. Unsere beiden Boote fahren mit Motor durch einen Kanal nebeneinander her. Ein schönes Bild! Plötzlich wird Fredl nervös. „Macht Platz, fahrt weiter rüber.“ ruft er den anderen zu, „Hier wirds immer flacher und mehr rechts geht’s auch nicht!“ „Da ist’s doch Tief genug!“ rufen die zurück. „Nein! Fahrt rüber! Ich hab nur noch drei Meter unter mir!“ Doch die weichen keinen Millimeter. Fredl panisch: „Rüber mit euch, ich hab nur noch zwei Meter!“ Unser Chef nimmt sich der Diskussion an, geht zu Fredl ans Steuerrad. „Da schau, fast nur noch ein Meter!“ schreit Fredl. „Diese Anzeige ist die Windgeschwindigkeit.“, beruhigt ihn der Chef.

Nach einer Fahrt auf hohe See legen wir bald auf Susak an. Plötzlich sichtet Wolfi eine Rückenflosse. Tatsächlich. An unserem Boot schwimmt ein etwa zwei Meter langer Hai vorbei! Was für ein Erlebnis.

Am nächsten Tag kehren wir Susak den Rücken. Plötzlich reißt der Fahrtwind unserem Chef einen Geldschein aus der Hosentasche und treibt ihn ins Meer. „Geld über Bord!“ ruft Wolfi und happt hinterher. Er hat den Schein! Da beginnt er wie von Sinnen zurück zum Boot zu schwimmen. Wieder an Bord ringt er erschöpft die Worte hervor: „Mir ist da draußen eingefallen, dass wir ja gestern etwa hier den Hai gesehen haben!“ Er bekommt sofort drei Schnäpse. Wir auch!

Was ich noch sagen wollte, gesegelt sind wir auch! Es war eine wunderschöne, erfahrungsreiche Woche, die uns in jedem Fall noch mehr zusammengeschweißt hat!

© Herbert Schieber 2019-11-11

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