Eine Häusl-History

Lorenz Graf

von Lorenz Graf

Story

„Häusl“ ist in Österreich ein weitverbreiteter Ausdruck für Klo, WC, Toilette, Abort, Klosett, Stilles Örtchen, Topferl, usw.

Essen und Verdauung führen zu anschließenden Prozessen im Körper und das erfordert gewisse bauliche Einrichtungen. Im Laufe eines Lebens kann man da schon Entwicklungen und ein Auf und Ab erfahren. Da kann sich schon ein Kreis von der frühen Kindheit bis zum hohen Alter schließen.

In der Kindheit kannten wir nach den Windeln nur den Nachttopf, der aber auch von den Erwachsenen im Winter benutzt wurde. Klosett gab es ja keines im Haus und draußen in Hof war es zu kalt. Als wir größer waren, hockten wir uns, um uns zu erleichtern, im Hof neben dem Misthaufen hin. Nur im Winter saßen wir neben der Kuh im warmen Stall. Erst nach vielen Jahren wurde in der Ecke des Hofes, ziemlich weit abgelegen, ein Plumpsklo errichtet, dessen Benutzung aber in der kalten Jahreszeit eine eisige Angelegenheit war und manchmal war das Hütterl auch mit Schnee arg zugeweht und somit kaum begehbar.

Im Internat gab es dann ganze Reihen von Keramikmuscheln, die mit Holzwänden und einer Tür abgetrennt waren. In jeder Kabine war ein kleines Holzfach gefüllt mit zurechtgeschnittenem Zeitungspapier.

Als Student hauste ich dann in einem kleinen Zimmer und musste das winzige WC am Gang mit zwei anderen Kollegen teilen. Das ging aber ganz gut und konfliktfrei.

Nach der Heirat bezogen wir eine der vielen, typisch wienerischen Substandardwohnungen. Bassena und WC am Gang. Das kleine Klosett mussten wir mit 5 Parteien teilen. Da kam es oft zu unerfreulichen Klopfereien und Rufen. Unter dem Arm mit dem Klopapier war der Gang zur Toilette und das anschließende Sitzen oft ein Kampf um die Zeit, der aber mit der Zeit nicht besser wurde. Froh und hoffnungsvoll verließen wir Wien.

Wir zogen dann hinaus in die Provinz, mieteten eine Wohnung und, oh Wunder, wir hatten eine Toilette ganz für uns allein. Entspannt Zeitung lesen, während man sein Geschäft verrichtete, war ein ganz neues Erlebnis.

Doch die Kinder wurden größer und brachten oft Freunde mit, die auch über Nacht blieben. Es wurde wieder eng mit der Befriedigung des biologischen Grundbedürfnisses, besonders am Morgen. Wir bauten ein Haus und da wir inzwischen eine große Familie geworden waren und auch die Schwiegermutter bei uns wohnte, hatten wir sukzessive die Anzahl der Toiletten in 3 Etagen auf 5 erhöht. Morgendlicher Stau war Vergangenheit.

Im Alter übersiedelten wir in ein anderes Bundesland in die Nähe unserer Enkelkinder. Im Haus, das wir kauften, hatten wir nur mehr 3 Toiletten. Es reichte für uns zwei alten Leute und unsere häufigen Besucher.

Eine weitere Übersiedlung in eine Stadtwohnung reduzierte die Zahl der Klos auf 2. Das ist für uns alte Menschen ausreichend, auch wenn Enkelkinder öfter bei uns übernachten.

Wie wird es in Zukunft weitergehen? Kommt wieder der Nachttopf und dann gar wieder die Windeln?

© Lorenz Graf 2023-03-09