Eine Kurzgeschichte: Selbsthass

Anna Engeln

von Anna Engeln

Story


Der Selbsthass war wie ein undurchdringlicher Nebel, der das eigene Wesen umschlang und es in ein schmerzhaftes Dämmerlicht tauchte. Es war, als hätte die Dunkelheit der eigenen Gedanken eine undurchsichtige Wolke geschaffen, die jeden Strahl des Selbstwertgefühls zu erdrücken schien.

In den Augen des Selbsthasses spiegelten sich die eigenen Unzulänglichkeiten wie verletzende Schatten wider. Jeder Blick in den Spiegel wurde zu einer quälenden Begegnung mit einem Fremden, der von Zweifeln und Enttäuschungen gezeichnet schien. Die Hände, die einst gestärkt und geschützt hatten, fühlten sich nun an wie schwere Ketten, die die Last der eigenen Fehler trugen.

Jeder Gedanke wurde zu einem gnadenlosen Richter, der das eigene Ich mit strengen Urteilen peinigte. Worte der Selbstanklage hallten wie düstere Glockenschläge in der Seele wider, jeder Ton verstärkte das Echo der eigenen Unzulänglichkeit. Die Gedanken, einst ein Geflecht aus kreativer Kraft, waren nun gefangen in einem Labyrinth der Selbstverurteilung.

Selbsthass war ein bitterer Geschmack auf der Zunge, eine Mischung aus Tränen und salziger Verzweiflung, die den Rachen hinunterlief. Es war, als ob jedes Lächeln, das einst auf den Lippen tanzte, von der bitteren Essenz des Selbstzweifels erstickt wurde.

Die Füße des Selbsthasses schienen im morastigen Boden der Vergangenheit stecken zu bleiben, unfähig, vorwärts zu gehen. Jeder Schritt fühlte sich an wie ein mühsames Krabbeln durch die Bruchstücke der eigenen Fehler, ein endloser Marsch durch das Tal der Selbstverachtung.

Selbsthass, das war das Fehlen von Mitgefühl für das eigene Wesen, das sich wie ein verwundetes Tier im Dickicht der Gedanken versteckte. Die Seele, einst so lebendig und schillernd, war nun von einer bleiernen Schwere erfüllt, die jeden Funken der Selbstliebe zu ersticken schien. Es war das Ringen mit dem eigenen Schatten, ein innerer Kampf, der das Herz zu erdrücken drohte und die Hoffnung auf ein Morgen in undurchdringlicher Finsternis verbarg.



Sie konnte nichts tun außer sich diese Worte, seine Worte, anzuhören und zu verstehen. Er war auf sich allein gestellt.


© Anna Engeln 2024-01-17

Genres
Spiritualität