Eine Liebe in Türkis

Sanbou

von Sanbou

Story

Wie sehnte ich nur meinen 16. Geburtstag herbei. Denn dann wäre ich alt genug, ein Moped mit maximal 50m³ Hubraum zu fahren (Höchstgeschwindigkeit ca. 50 km/h…). Mann nannte diese Gefährte „Fukerl“ – angelehnt an 50)

Natürlich durfte es sich nicht um ein gewöhnliches Moped handeln, es musste schon eine Oldtimer-Vespa sein. Viele FreundInnen hatten besonders schöne Stücke, da wollte ich unbdingt mithalten können.

Da ich mir fest in den Kopf gesetzt hatte, eine Vespa der Type S, die in den 60ern gebaut wurde, zu bekommen, war die Suche nach dem idealen Gefährt nicht einfach. Fündig wurde ich schließlich in der Garage meiner Cousine. Eine Rostlaube sonder gleichen mit einem Lack, der mal Gelb vermuten ließ, stahl sofort mein Herz. Ein Fukerl Motor war drinnen, allerdings war der Auspuff eher getuned, was der Guten den Ruf einer Diva einbrachte.

Mein Bruder, guter Kerl wie er war, erklärte sich bereit, aus der Vespa in der Auto- und Lackiererei-Werkstatt, in der er arbeitete, ein Schmuckstück zu machen. Ein leuchtendes Türkis sollte sie lackiert bekommen und geschmückt mit glänzenden Chrom-Teilen. Die Arbeit stellte sich als schwieriger heraus, als gedacht – Sandstrahlen gegen den Rost, Kitten gegen die vielen Dellen, abschleifen, bis alles schön glatt war…. Der Kommentar meines Bruders, nach vollenderter Arbeit sagte alles: „Nie mehr wieder!“

Doch die Mühe zahlte sich aus, meine Vespa war der Star der Clique, eine Lady in Türkis…

Doch auch die erste Freude über mein Gefährt währte nicht lange, zumal sich die Diva als ziemlich feuriges Geschoss zeigte. Unzählige, unfreiwillige „Gas-Willies“- wenn die Vespa vorne aufsteigt und nur noch auf dem Hinterreifen fährt – gab es da, wenn ich die Kupplung etwas zu sehr schnalzen ließ.

Auch die Geschwindikeitsleistung war enorm, statt der 50 km/h Höchstgeschwindigkeit brachten wir es locker auf 70 km/h. Als mich einmal die Polizei aufhielt und auf meinen getunten Auspuff aufmerksam machte, stellte ich mich unabsichtlich blöd – ich wusste bis dahin tatsächlich nicht, dass der getuned war… Es kam jedenfalls bei den Polizisten an und ich bekam nur eine Verwahrnung.

Doch viel wichtiger, als die Herausforderung mit meiner kleinen Wespe waren die vielen schönen Erlebnisse mit ihr: Regelmäßige Vespatreffen, tolle Ausflüge, endlich nicht mehr von den Eltern von der Disco abgeholt zu werden, sondern selber heim zu kommen (auch wenn die Uhrzeit vom Vater bis zu meinem 18. Lebensjahr strickt vorgegeben war). Einmal durfte ich eine Freundin, die zu viel Alkohol erwischt hat, nach Hause bringen – es waren also auch gute Taten mit meiner türkisen Freundin drin.

Gerne denke ich an meine Wunderschöne, die ich dann schweren Herzens verkaufte, um mir eine schnellere, führerscheinpflichtige Vespa leisten zu können.

Ein großer Fehler…kurz nach der Übergabe baute der neue Besitzer einen Unfall mit Totalschaden – ihm ist gottlob nichts passiert.

Aber mein Herz blutete…

© Sanbou 2019-11-23