von Maria Merimi
Ich bin eingeschränkt, trage eine Armbinde. Habe eine Bescheinigung des Krankenhauses Almeria, dass ich damit reisen darf. Ich fliege von Málaga nach Lanzarote. Ich habe mir vor Weihnachten bei H&M ein langes Baumwollhemd zum Knöpfen gekauft, damit ich beim An- und Ausziehen unabhängig bin von meinem Mann. Dieses Hemd reicht bis in die Waden. Dazu trage ich eine blaue Jeans. Irgendwie komme ich mir merkwürdig vor in meinem Outfit, wie eine muslimische Frau ohne Kopftuch. Dazu recht unbeweglich mit meinem gebrochen, bandagierten Arm.
Bei der Sicherheitskontrolle wird es spannend. Ich bin traurig und aufgeregt. Die Schmerzen im Arm, der Abschied von Mann und Hund setzen mir zu. Ich lege alles Gepäck aufs Band, einen kleinen normgemäßen Koffer, dahinter der vorgeschriebene Rucksack. Mein Gepäck rollt übers Band bis zum Monitor. Ich gehe zur Schleuse und werde von einer Flughafenangestellten aufgefordert meinen Arm hochzuheben. Ich lege meine Bescheinigung des Arztes vor und hoffe, sie lässt mich in Ruhe. Die Schmerzen sind unangenehm. Sie versucht unter den blauen Stoff der Armbinde zu greifen. Ich schaue sie wohl sehr verzweifelt an.
Als ich endlich diesen Bereich verlassen darf wird es spannend.
Der Mann vom Kofferband kommt zu mir mit meinem Gepäck und nimmt mich mit an einen Tisch. Ich solle alles öffnen sagt er mir. Selbst öffnet er nichts. Er hat Formulare dabei und eine kleine Spraydose. Ich schaue ihn verblüfft an. Merke jedoch schnell, dass das hier nicht der Platz für Späße ist.
Es fällt mir schwer, den mühsam von meinem Mann gepackten Koffer zu öffnen mit einer Hand. Ich habe kein schlechtes Gewissen, denke nur “gut, dass ich nicht die neue, teure Schweizer Nagelfeile eingepackt habe”.
Nun geschieht etwas Merkwürdiges. Bei geöffnetem Koffer sprüht er von dem Spray in den Innendeckel. Das Gleiche macht er beim Rucksack. Um den Inhalt des Gepäcks kümmert er sich nicht wirklich. Nimmt nur kurz meine Wollstola an Seite, die oben im Koffer liegt. Als er die Fragezeichen in meinen Augen sieht, zeigt er auf den Rucksack und sagt: “o.k.“, beim Koffer bleibt er noch kurz. Worauf er wartet, keine Ahnung. Dann erhalte ich auch hier ein o.k. und er lässt mich stehen mit offenem Gepäck. Ich sage: “Muchas Gracias” und schaue ihm direkt in die Augen, kurz danach erhalte auch ich ein “Muchas Gracias”. Für mich war es gar nicht so einfach alles wieder im Koffer zu verstauen mit einer Hand.
2 Stunden später gibt es im Cäsar Manrique Airport in Arrecife einen herzlichen Empfang von meinen beiden Freundinnen aus unserer Lanzarote WG. Bei einem ersten gemeinsamen Café erzähle ich meine Geschichte. Kim, eine Koreanerin, die seit 40 Jahren in Deutschland lebt, erzählt sofort ihre Erlebnisse auf Reisen von „anders Aussehenden“. Ich sage: “Ich bin blond, habe blaue Augen, sie werden mich nicht für eine Taliban gehalten haben, nur wegen meines langen Hemdes”.
Wir fallen uns lachend in die Arme. Ich bin voller Freude; unser Urlaub kann beginnen.
© Maria Merimi 2023-02-01