Eine Nordwand und das vergessene Handy

Josef-Paul Ecker

von Josef-Paul Ecker

Story

Im September wurde es leider doch nichts mit dem Dachstein. Das Wetter passte einfach nie und bei so einer ernsten Tour brauchte man unbedingt stabiles Wetter. Wir verschoben es auf nächstes Jahr. Vielleicht sollte es einfach nicht sein……
Aber die gute Kondition wollte ich mir behalten. Die Hoffnung hatte ich noch nicht ganz aufgegeben. Den ganzen Herbst und Winter war ich wieder in der Kletterhalle. Routen mit 6+ und mit Mühe 7- waren immer noch möglich. Schi-Touren gehen kam auch nicht zu kurz.
Die Monate vergingen und ab Juni wurde es ernst mit dem verschärften Konditionsaufbau. Neben dem Konditionstraining zu Hause, auch eine lange schwere Bergtour mit 1530 Höhenmetern alleine und eine sehr lange, technisch nicht sehr schwierige Klettertour mit Chris. Die „Jahn-Zimmer-Route“ an der Hochtor-Nordwand im Gesäuse. Ein Klassiker mit 26 Seillängen. Eine Nordwand als Vorbereitung für die SÜDWAND.
Die Kletterei ging gut voran, obwohl die Routenfindung in dieser mächtigen Plattenwand nicht ganz einfach war. Beim Vorklettern wechselten wir uns wie immer ab.

Nach ungefähr 6 Stunden anstrengendem und konditionell ziemlich forderndem Klettern, machten wir am Gipfel die obligaten Gipfelfotos. Danach suchte ich im Rucksack mein Handy, um meine Frau anzurufen. Ich rief sie immer an, den seit meinem Absturz vor 9 Jahren, machte sie sich immer große Sorgen, wenn ich in den Bergen unterwegs war. Hektisch und schon ziemlich nervös räumte ich den ganzen Rucksack aus, fand das Handy aber nicht. Ich musste es verloren oder im Auto vergessen haben. So ruhig und konzentriert ich beim Klettern war, so war ich jetzt kurz davor, die Nerven wegzuschmeißen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie viel Sorgen sich meine Frau inzwischen schon machte, es war ja schon 4 Uhr Nachmittag. Meistens meldete ich mich schon früher bei ihr. Dummerweise war beim Handy von Chris jetzt auch noch der Akku leer. Es hätte eh nichts genützt, meine Frau hatte seit kurzem eine neue Nummer, die ich noch nicht im Kopf hatte. Ich probierte noch ein paar Bissen zu essen, brachte aber vor lauter Stress nichts hinunter und würgte alles wieder raus.

Was sollten wir jetzt tun? Wir stiegen so schnell ab, wie wir noch nie von einem Berg abgestiegen sind. Obwohl es ein wenig leichtsinnig war, denn wenn uns etwas passiert wäre, hätten wir niemand anrufen können.
Zum Glück ist alles gut gegangen, bis auf schmerzende Bänder in den Knien. Nach 3 Stunden Abstieg, normalerweise bräuchte man 4 Stunden, ersuchte ich in einem Gasthaus in Johnsbach die Wirtin, mir im Internet die Telefonnummer von einem Freund (der eine Firma hatte) zu suchen, von dem ich hoffte, dass seine Frau die neue Telefonnummer von meiner Frau hatte. Zum Glück erfuhr ich sie so und konnte endlich meine Frau anrufen. Sie war froh, zu hören, dass nichts passiert war, aber an ihrer Stimme konnte ich erkennen wie viel Sorgen sie sich schon gemacht hatte.
Zum Glück nahm uns ein einheimischer Wanderer zum Parkplatz auf der anderen Seite des Gebirgsstocks mit, denn Taxi fuhr auch keines mehr. Mein Handy lag im Auto………



© Josef-Paul Ecker 2025-02-17

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Abenteuerlich, Herausfordernd, Emotional