Eine Schaukel, meine Nase und ein Clown

Weudl

von Weudl

Story

In einer kleinen Gemeindebauwohnung vor viel zu langer Zeit kam ich in den Genuss einer richtig coolen Geburtstagsparty. Mein Cousin wurde wieder ein Jahr älter und neben den zahlreichen Kindern, gab es auch viele, bunte Spielchen. Es gab leckeren Kuchen und Bastelstationen. Es wurde gesungen und getanzt. Die Kinder sprangen und liefen, sie lachten und scherzten. Im Türrahmen einer alten Flügeltüre hing eine Schaukel und ich wartete lange bis ich sie benutzen durfte.

Als ich endlich an der Reihe war, ließ ich mich durch die Gemeindewohnung schwingen. Immer höher und höher schaukelte ich. Fast erreichten meine Zehen die Decke. Ich hatte Spaß und genoss es so durch die beiden Räume zu zischen.

Auf einmal schrie jemand. Vorsicht! Ich blickte mich auf der Schaukel um. Konnte jedoch nichts Gefährliches erkennen. Da war es auch schon zu spät. Ein Kind hatte die Flügeltüre zumacht und ich sauste mit Karracho, völlig ungebremst und mit der Nase voran gegen die alte, meterhohe Türe. Es krachte und plötzlich war es mucksmäuschenstill. Der Gesang verstummte. Das Lachen verblasste. Selbst die rumlaufenden Kinder blieben erschrocken stehen. Ich glaube, ich war von der Schaukel gefallen. Ganz so genau wusste ich es nicht mehr. Erst als ich wieder im Arm meiner Mutter zu mir kam, kehrte die Erinnerung zurück. Nase, große Türe, Aua, mehr konnte ich in diesem Augenblick nicht aufschnappen. Mein Mutter war recht geschockt und während meine Schmerzen größer wurden, feierten die anderen weiter. So musste es sein, dachte ich mir. Tränen liefen über meine zarten, kindlichen Wangen hinab. Der Schmerz saß eindeutig in meiner Nase. Diese, meine Nase, wurde schnell dicker und schwoll an. Mir wurde Eis aufgelegt und ich versuchte durchzuhalten. Schließlich wollte ich unbedingt den Zauberer sehen. Die Show begann und als er die Kinder und mich zum Lachen brachte, verfluchte ich ihn. Jedes mal wenn ich lachte, schoss mir ein Stich durch mein Hirn. Ich wollte laut mit lachen doch stattdessen, weinte ich nur noch mehr. Ich musste aufgeben und wir fuhren ins Spital. Ärzte kamen. Ich wurde geröntgt. Wir mussten in einem fahlen, kalten Raum warten. Ich mochte es dort nicht, konnte aber auch nicht einfach aufstehen und wegrennen. Im Wartebereich des Spitals kam ein Clown mit roter Nase auf mich zu. Kurz dachte ich schon, er wollte mir auch eine Nase anstecken. Doch ich nehme an, er erkannte den Ernst meiner Nase und ließ davon ab. Jeglicher Aufmunterungsversuch brachte nur neue verhasste Schmerzen und als der Arzt endlich sagte, Glück gehabt, glatter Bruch des Nasenbeins, wäre ich am liebsten aufgesprungen und losgerannt.

Die nächsten Tage und Wochen schwoll mein Gesicht mehr und mehr an. Die Schmerzen hielt ich ganz gut aus, doch Lachen war nicht drinnen. Zwischen blauen und violetten Farbtönen sah ich mit meinen Sommersprossen aus, wie ein buntbemaltes Vogerl. Sollte ich noch einmal durch die Räume fliegen und mir eine Ersatznase vom Clown geben lassen?

© Weudl 2020-05-27

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