Eine seltsame Schmucknadel

Barbara Riccabona

von Barbara Riccabona

Story

Die einzige Granatbrosche, ungewöhnlich in der Form, weil modern als Dreiernadel gefasst, die den Diebeszug meiner Kurzzeithaushelferin überlebt hatte, war ein Lieblingsstück von mir. Jede weiß, dass es Dinge gibt, die für andere Menschen nichts Außergewöhnliches im Vergleich zu ähnlichen haben, die einer aus unerfindlichen Gründen ans Herz gewachsen sind. Diese Nadel verschönerte mein schlichtes graubeiges Leinenkleid an der Korsage, als ich bei meinem vierten Kind schwanger war. Sie wiederholte in ihren Steinen auch die Farbe der kleinen grauroten Würfelchen meiner Flanellbluse dazu. Außerdem passte sie auch auf andere Kleider und Blusen wunderbar, ein Allroundschmuck.

Eines Tages war sie verschwunden und auch beim Umräumen meiner Wohnung nicht zu finden. Betrübt verschwendete ich nicht mehr länger Zeit mit der Suche, was sich als folgerichtig herausstellte, weil die geliebte Brosche ganz von selbst nach einiger Zeit wieder aus einer Polstermöbelritze auftauchte. Welche Freude!

Überallhin nahm ich sie mit, denn sie passte einfach zu allem und lenkte ideal von meinem runden Bauch ab. Auch als wir in unser Urlaubsdomizil nachTirol fuhren, war sie mit im Gepäck. Mein Schwiegervater machte sogar ein Kompliment dazu, auch ihm gefiel sie. Sie hatte was, das stand fest!

Wir Frauen waren damals nicht leger bekleidet, in Jeans und T-Shirts beispielsweise. Jede trug individuelle Tageskleider, und meine zum Teil selbst angefertigten waren extra ausgesucht. Es war ganz normal, auch mit Schuhen, Tüchern und anderen Accessoires das Tagesoutfit zu vervollständigen.

Da wir viele Ausflüge oder Fahrten in die Umgebung machten, kam meine Brosche naturgemäß viel herum. Und wieder war sie eines Tages verschwunden. Wieder war ich geknickt und ließ es alle rund um mich wissen. Diesmal war ich mir sicher, dass ich sie draußen irgendwo und nicht in den Wohnräumen verloren hatte, da war es müßig, sie zu suchen.

Etwa eine Woche darauf begegnete ich meinem Schwiegervater auf dem schmalen mit einigen Platten befestigten Weg zwischen unseren beiden Häusern. Er begrüßte mich freundlich wie immer, keine Spur anders, aber befahl mir die Augen zu schließen und drückte mir etwas in meine hohle Hand. Es war die verlorene Brosche! Er hatte sie auf eben diesem Weg in der Sonne gefunden. Die Steine haben ihn angeblinkt und ihn darauf aufmerksam gemacht. Hurrah, meine Freude war groß! Diesmal wollte ich besonders aufpassen, dass der Sicherheitsverschluss ordentlich einrastete.

Nach dem Urlaub wieder zurück in meiner Heimatstadt, musste ich mich mit meiner Körperrundung im Einkaufszentrum durch ein Knäuel von Menschen zwängen, da hier viele Urlauber waren und die Schulen noch geschlossen hatten.

Diesmal kann die Brosche nicht heruntergefallen sein, aber geschickte Hände hätten sie öffnen können. Weg war sie jedenfalls. Sie wollte irgendwie nicht dauerhaft bei mir bleiben.

Nie mehr wieder fand ich so ein geniales Schmuckstück.

© Barbara Riccabona 2021-07-17

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