Mein Mann und ich beschlossen, auf Kreta eine Strandwanderung zu machen. Nur mit Rucksack als Reisegebäck. Wir buchten einen Flug nach Iraklion, sonst nichts. Es war im Frühling. Im April. In der Karwoche. Frühmorgens ging es los. Ein wunderschöner ruhiger Flug brachte uns nach Iraklion. Am Meer entlang wanderten wir Richtung Osten bis an den nächsten Ort. Direkt am Strand mit Blick auf das Meer, die milde Frühlingssonne im Gesicht, das beruhigende Schlagen der Wellen im Ohr. Nach circa 10 Kilometer erreichten wir ein kleines Dorf, dessen Namen ich vergessen habe. In einer Taverne kehrten wir ein. Wir waren die einzigen Gäste. Nach einer stärkenden Mahlzeit bezogen wir ein kleines Apartment und ruhten uns von den Strapazen des ersten Urlaubstages aus.
Am nächsten Tag ging es nach einem reichhaltigen Frühstück weiter nach Chersonissos. Ein bekannter Urlaubsort.
Hier herrschte schon mehr Leben. Eine Übernachtungsmöglichkeit war schon schwerer zu finden, aber wir fanden eine. Und weil es uns dort so gut gefiel, blieben wir zwei Tage in diesem Ort, wo es viel zu entdecken gab.
Dann ging es weiter. Wie weit würden wir heute kommen? Wo würden wir übernachten? Es war spannend und aufregend. Die Ungewissheit ein wenig belastend. Der schwere Rucksack drückte auf die Schulter. Aber es ging weiter und weiter. Wir erreichten das Städtchen Agios Nikolaos. Es war zauberhaft schön dort. Glücklicherweise fanden wir auch dort ein Zimmer für die kommende Nacht.
Wir kauften uns etwas zu essen und zu trinken und setzten uns an das Wasser. Die milde Frühlingssonne verabschiedete sich gerade vom Tag mit einem malerischen Sonnenuntergang.
Wir waren nun an der schmalsten Stelle der Insel und beschlossen, vom Norden in den Süden zu wandern, um auch das Libysche Meer zu erleben. Da lag eine weite Strecke vor uns, so zwischen 20 und 30 Kilometer. Wir gingen und gingen, Schritt für Schritt. Irgendwann kamen in uns doch Zweifel auf, ob wir diesen Weg schaffen würden. In einem kleinen verschlafenen Dorf abseits der Touristenströme versuchten wir ein Zimmer zu finden. Vergebens. Schon sehr erschöpft schleppten wir uns weiter Richtung Süden. Die Erschöpfung muss uns anzusehen gewesen sein, denn plötzlich hielt ein Auto mit Ladefläche. Der freundliche Fahrer bedeutete uns aufzusteigen. Und so kamen wir am späten Nachmittag am Libyschen Meer an. Wieder Zimmersuche. Wir fanden eines mit Blick auf das Meer. Es gab auch einen kleinen Balkon. Dort saßen wir dann vor dem Schlafengehen, tranken Rotwein, blickten auf die Lichter in der Ferne und hörten den Wellenschlag des Meeres, der uns später in den Schlaf begleitete.
Am nächsten Morgen wanderten wir weiter. Am Strand entlang. Es wurde felsig. Man musste über Klippen springen, um weiterzukommen. Darunter die gähnende Tiefe des Meeres. Mein sportlicher Mann hätte es sicher noch länger geschafft, so unsere Strandwanderung fortzusetzen. Ich aber nicht. Wir mussten weg vom Meer hin zur Landstraße.
© Ulrike Puckmayr-Pfeifer 2021-01-23