von David Preiß
„Na endlich bin ich wieder im Bus und kann weiterschlafen!“ Ich betrat unseren Bus und spazierte zu meinem Platz, um mich wieder zu setzen und meinen zuvor unterbrochenen Schlaf fortzusetzen. Doch dann geschah es.
Wie fühlt man sich, wenn man gerade erfolgreich die Schule absolviert hat und mit seinem Kindheitsfreund am Weg zur Maturareise ist? Richtig – absolut genial! Die Vorfreude auf den Tag, wo wir gemeinsam nach Kroatien aufbrechen sollten, schlummerte schon seit Monaten in uns, da wir wussten, welch grandioses Erlebnis es werden würde. Dass man aber am Weg dorthin auch schon legendäre Momente erleben kann, hätte ich mir so nicht gedacht.
Wir brachen an einem Samstag gegen Mitternacht in Graz mit einem großen Reisebus auf, der uns alle (es waren um die dreißig Leute) sicher nach Kroatien zu unseren Segelbooten transportieren sollte. Anfangs unterhielten wir uns alle gut, doch dann um drei auf Nacht überkam selbst die tapfersten Nachtgeister der Schlaf. Um halb fünf in der Früh weckte uns unser Busfahrer, weil er zu einer Raststation gefahren war, um uns die Möglichkeit zu geben, unsere Blasen zu leeren (oder Ähnliches). Fast alle stiegen aus, während ich vorerst im Bus blieb weil ich weiterschlafen wollte. Als der Busfahrer dann jedoch noch eine Durchsage tätigte und zum letzten Klogang ausrief, rappelte ich mich auf und marschierte schnurstracks auf die Toilette.
Kurze Zeit später kehrte ich zurück und betrat den Bus. Meine Augen zeigten mir alles doppelt (so fühlte ich mich zumindest) und deshalb traute ich ihnen zuerst auch gar nicht, als ich meinen Platz erreicht hatte. Dort saß auf einmal jemand! „Was soll denn das jetzt?“, fragte ich mich innerlich verärgert. Ich überlegte mir schon, wie ich die Person höflich auffordern könnte, schleunigst das Weite zu suchen, da ich meinem Melatonin in meiner Blutbahn wieder freien Lauf gewähren wollte. Zu meinem Erstaunen stellte ich dann aber ebenfalls fest, dass die Sitze auf einmal alle gelb waren (vorher waren sie alle weiß gewesen)!
Der Bus fuhr los und ich stand immer noch hilflos am Gang bis es mir dämmerte: „Shit, ich bin im falschen Bus!“ Zehn Meter vor der Autobahnauffahrt gelang es mir, dem Fahrer mitzuteilen, dass ich nicht zu seinen Gästen gehörte und er mich bitte aussteigen lassen sollte. Den Blick, den er mir dann entgegenwarf, kann man sich vorstellen. Ich rannte so schnell ich konnte zurück und betrat den richtigen Bus. Mit einem Grinsen von einem Ohr bis zum anderen erwartete mich mein Freund und schüttelte verständnislos den Kopf. „Du Spezialist hasts wieder einmal geschafft!“ Die Leute applaudierten im Bus und sogar unser Busfahrer verlautbarte durch das Mikrophon: „Herzliche Gratulation an den jungen Mann, dass er nun auch erkannt hat, dass der gelbe Bus nicht der gleiche wie der weiße ist!“
© David Preiß 2020-02-19