von Andale
Kurz nach 6 Uhr liege ich wieder einmal wach im Bett. Aber wach ist bei mir relativ, ich schlafe nicht, denn wirklich wach bin ich erst, wenn ich mich dafür entscheide. Das habe ich aber nicht, denn es ist Sonntag und somit zwingt mich keine Verpflichtung so zeitig aus dem Bett, ich war eigentlich nur mal auf der Toilette, wobei „nur mal“ in den letzten Tagen auch relativ ist…
Jetzt liege ich wieder auf der rechten Seite, habe einen Polster zwischen den Knien, alles gut positioniert, mein Oberkörper sucht noch den richtigen Winkel und mein Kopf noch die richtige Position am allergiefreien Polster, dessen Füllung sich aus irgendwelchen Gründen von der Mitte aus immer mehr verflüchtigt. Nach einigem Hin und Her liegt die zurechtgedrückte und geschüttelte Kopfunterlage richtig angenehm entlastend unter meinem Kopf und nun, wo ich bereit wäre weiterzuschlafen, kommen wieder diese Gedanken auf, mit denen ich in den letzten Wochen immer mehr auf Kriegsfuß stehe.
Wie geht’s weiter? Wird das wieder so wie zuvor? Eigentlich sollte es besser werden als zuvor. Kann ich den einen Besprechungstermin kommende Woche auswärts überhaupt einhalten oder soll ich ihn in mein Büro verlegen? Dann hätte ich weniger Stress. Aber bis dorthin sind es ja noch fünf Tage und da gibt es ja auch noch den einen Termin, wovor mir mulmig wird, wenn ich daran denke. Wird es wieder so schmerzfrei gutgehen wie beim ersten Mal?
Den lichtdichten Vorhang ziehe ich nie ganz zu. Ein paar Zentimeter Spalt bleiben immer offen, damit ich nachts eine Orientierung habe, beim Aufstehen. Jetzt, wo es draußen aber langsam hell wird, fängt mich das zu stören an. Nochmal aufstehen und ganz zuziehen, schließlich ist Sonntag und ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, doch noch einschlafen zu können. Oder einfach umdrehen, damit ich den Lichtstreifen nicht unmittelbar sehe?
Ich kämpfe mit meiner Sommerdecke, so leicht, so dünn, so schnell verwickelt. Bis ich den Lichtstreifen aus dem Blickfeld habe, bin ich noch wacher. Links kann ich zudem meinen Arm nicht ganz abgewinkelt unter den Polster stecken, sodass die angenehmste Schlafposition zu finden noch etwas länger dauert. Ich bin eigentlich wach, muss ich mir eingestehen. Der Wecker zeigt 7:09 Uhr, eine Info, welche ich nicht sehen will, und normalerweise auch nicht sehen kann, da ich die Anzeige meist abdecke. Weil mich einerseits die Helligkeit stört und ich zweitens schon länger schwer einschlafe. Da will man dann um 3 Uhr als Letztes wissen, dass man bald schon wieder aufstehen muss. Und ausgeschlafen sein sollte…
Ich beginne an Frühstück zu denken, an die Ham&Eggs, welche meine Partnerin jeden Sonntag perfekt zubereitet, und so in kulinarischen Gedanken versunken, glaube ich diese auch schon zu riechen. Das kann nicht sein denke ich, es ist Sonntag – da fällt mein Blick nochmal auf den Wecker und der zeigt plötzlich … 9:40 Uhr!
Verwundert stehe ich auf und bevor ich dem Geruch folge – leere ich noch meinen Beinbeutel aus!
© Andale 2020-09-29