Zugegeben, ich bin eine echte Schnäpchen-Jägerin! Jahrelanges Training ließen mich zu einem Profi heranwachsen! Schnell steht fest, dass ich dazu echtes Talent habe. Schon Tage zuvor gehe ich meinen Plan penibel durch! Mit Entschlossenheit fokussiere ich das Objekt meiner Begierde. Scharfsinnig jecke ich in Gedanken das Geschäft ab. Ich kenne es in- und auswendig. Jeder Gang ist mir vertraut, sodass mich eine gewisse Sicherheit beflügelt. Ich stelle mir vor, wie ich grinsend und umklammernd, dieses eine Teil in meine Welt trage, und so fiebere ich dem Tag entgegen. Wenn ich sonst auch überall zu spät komme, für die Stiefel meines Sohnes, werde ich zum Raser! Pünktlich reihe ich mich einer geringen Anzahl von Frauen ein. Männer stehen irgendwo am Rande, sie spüren wohl UNSERE Energie. Schnell sattle ich mein Pferd, sodass es nur mehr auf meine Sporen wartet. Verbissen beiße ich auf meinen Lippen: “surr doch endlich, du scheiß Tür!” Mit schwitzenden Händen umklammere ich mein Pferd -„ähm”- Einkaufswagen. Ein neuerlicher Adrenalinstoß durchdringt mich wie ein Blitz und gibt mir erneute Kraft, diesen Kampf hier zu überstehen. Wie ein Pfitschipfeil schieße ich aus meinen Startlöchern. Geschickt und mutig hafte ich mich an meine Vorkämpferin. Wie in Trance fetze ich dahin. Puh, fast verlor ich die Kontrolle, als sich auch noch zu meiner Rechten so eine doofe Mutter anbahnt, aber “denkste“! An der nächsten Biegung muss sie leider gehen – sorry! Abgelenkt übersehe ich fast, dass meine Vorgängerin schon bremste. Nur mit einer gekonnten Vollbremsung kann ich schlimmeres verhindern. Blitzschnell jecke ich die neue Lage ab und weiß, JETZT zählte nur mehr eines: Augen zu und durch! Geschickt dränge ich mich vor, es ist mir ALLES wurscht! Dass mir gleich von allen Seiten die Stiefeln entgegenfliegen würde, konnte ich nicht ahnen, doch was soll`s! Meinem Sohn zu liebe, strenge ich mich noch mehr an. Bald habe ich den ersten Teil der Schütte durchgraben, als mich ein mulmiges Gefühl streift, denn:“ WAS, wenn NICHT!?” Schnell kurble ich mein Durchhaltevermögen an, und so finde ich sie im hintersten Winkel! Gfrasta! Doch der Ärger ist gleich verflogen, denn ich weiß genau: “ICH bin DIE echte Supermum!” Ich sehe schon sein Gesicht vor mir, als ich stutzte: WAS war das denn? Da liegen gefühlte tausend Gummibänder in meinen Fingern. “Oh nein, auch das noch!” Hastig beginne ich mit dem Entwirren, als mir mein Beruf als Schneider zugutekommt. Geschickt löse ich ein Paar nach dem anderen, als ich plötzlich einen kurzen Jubelschrei vernehme. Da freut sich doch NOCH eine Mami. “Wow, bin i guat!” Erleichtert schreite ich wie ein “Champ” mit meiner Beute Richtung Ausgangstür. Noch immer sitzt mir die Anspannung im Genick. Aber nicht nur die spüre ich, sondern etliche Blicke, die mir folgen. Alle mögen denken: “Wos is denn mit der los? Wos hot de denn?!” Es ist mir schnurzegal! Denn ich warte bereits auf MEINE BELOHNUNG zu Hause: “Mama, ich liebe dich!“
© Gertraud Tabernig 2020-11-28