Einleitung

Lara Moritz

von Lara Moritz

Story

Dorothee Sölles berühmtes Wort „Gott hat keine anderen Hände als unsere“ fasst eine theologische Haltung zusammen, die bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren hat. In einer Welt, die von Ungerechtigkeit, sozialer Kälte und einem zunehmenden Verlust an spirituellen Werten geprägt ist, stellt Sölles Theologie eine radikale Herausforderung dar: Glauben bedeutet nicht, auf göttliches Eingreifen zu hoffen, sondern selbst zum Werkzeug Gottes in der Welt zu werden. Sölle widersetzte sich einem Glauben, der sich auf Rituale und Dogmen beschränkt, und plädierte für ein Christentum, das sich in konkretem Handeln für Gerechtigkeit, Frieden und Solidarität ausdrückt. Diese Arbeit setzt sich mit Dorothee Sölles zentralem Text „Gott hat keine anderen Hände als unsere“ auseinander und beleuchtet, welche Bedeutung ihre Theologie für das Christsein im Jahr 2025 hat. Dabei wird untersucht, wie Sölles Verständnis von Glauben als tätigem Handeln in der heutigen Zeit gelebt werden kann – in einer Gesellschaft, die von Individualismus, Skepsis gegenüber religiösen Institutionen und einer tiefen sozialen Spaltung geprägt ist. Wie kann der christliche Glaube in einer zunehmend säkularisierten Welt authentisch und glaubwürdig bleiben? Wie lässt sich Sölles radikales Verständnis von Glauben als Handeln mit den Herausforderungen der modernen Welt verbinden? Im Zentrum dieser Arbeit steht die Frage, inwiefern Sölles Theologie junge Christinnen heute inspirieren und orientieren kann. Der Text beginnt mit einer Analyse von Sölles theologischen Grundgedanken, insbesondere ihrer Kritik an einer „billigen Gnade“ und ihrem Ruf nach einem politischen und sozialen Glauben. Anschließend wird die Bedeutung dieser Theologie für das Glaubensleben im Jahr 2025 betrachtet. Abschließend wird erörtert, wie Sölles Verständnis von Glauben als tätigem Handeln jungen Menschen in einer Welt voller Unsicherheiten und sozialer Spannungen Orientierung und Kraft bieten kann. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der persönlichen Dimension des Glaubens. Das beigefügte Poem verdeutlicht die Spannung zwischen christlicher Identität und gesellschaftlichem Gegenwind, die junge Christinnen und Christen heute erleben. Glaube bedeutet heute nicht nur, sich zu einer jahrtausendealten Tradition zu bekennen, sondern auch, sich bewusst gegen den Strom einer materialistischen und leistungsorientierten Gesellschaft zu stellen. Sölles Theologie fordert heraus – doch sie bietet auch eine hoffnungsvolle Perspektive auf ein Christsein, das die Welt verändern will. Wie kommt man jetzt aber darauf, sich ein solches Thema auszusuchen? In meinem Glauben war und ist mir der Bibelvers „Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe auf ihn; er wird’s wohl machen“ ein Leiter und Lichtblick, vielleicht der Leitvers meines Lebens. Kürzlich wurde ich aber von einer Bekannten mit der Frage konfrontiert, ob dieser Bibelvers nicht irgendwie Abwarten und Teetrinken suggeriert. Das machte mich nachdenklich, denn so hatte ich den Vers nie verstanden. Zwei Tage später saß ich in einer Vorlesung zu Sölle in der eine Studentin ziemlich empört berichtete, dass sie nicht an einen Gott glauben möchte, der zwar in das weltliche Geschehen eingreifen könnte, das aber nicht tut. Daraus entwickelte sich in mir die Frage, welche Beziehung menschliches und göttliches Handeln eigentlich bildet und welche Rolle Gott hier spielt.


© Lara Moritz 2025-03-09

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