EIS, EIS, EIS

Elisabeth-Christine Kayser

von Elisabeth-Christine Kayser

Story
Leipzig 1983 – 1986

Schon seit Kindertagen war Klein-Christine eine Naschkatze. Eis gab es bereits seit Kindertagen. Denke oft zurück und stelle mir vor, wie es auf der Zunge zerläuft. Eis am Stiel in Vanille, Schoko, Erdbeere. Wir durften es im Konsum kaufen für 25 Pfennige. Manchmal lief ich zweimal hin und kaufte welches. Mutter war nachgiebig, wenn ich drängelte. Beim Bäcker erhielten wir Eis in flachen Waffeln, die wie Muscheln aussahen. Der Preis betrug 10 Pfennige pro Kugel. Eis erhielten wir beim Zoobesuch im berühmten Leipziger Zoo. Holte mich Omi zu sich, durfte ich Eis naschen und Karussell fahren. Manchmal stand Mutter neben dem Karussell und beobachtete mich, wie ich auf einem Pferd schaukelte. Im Vorbeifahren, ihr schönes, manchmal vergrämtes Gesicht berührte mich unangenehm. Es war nicht immer so. Wie das Leben eben ist, wechselte alles ständig, unterlag Veränderungen. Freude und Leid, Glück und Pech lagen beieinander. Als wir nach Mecklenburg/Vorpommern zogen, kam der Eismann auf die Dörfer, brachte es. Laut schrillte seine Trillerpfeife. Wir ließen alles fallen und rannten zum Dorfplatz. Manchmal waren die Eiskübel bereits fast leer. Er kratzte die Reste zusammen. Nach Jahren des Darbens und des Heimwehs zog die Familie von Mecklenburg wieder zurück nach Leipzig.

Jahre später, ich hatte mich beruflich vielseitig verwirklicht, geschah es. In einer Zeitungsanzeige bot jemand einen kleinen Eisladen an. Der alte Herr weihte mich in alles ein, wie Eis hergestellt wird und was zu beachten ist. Erst einmal sollte ich einen Eisschein beantragen und absolvieren. Ich wusste nicht, dass die Hürden so groß waren. Mein Mann finanzierte mir alles. Die Lehrgänge fanden samstags statt. In der Pinguin-Milcheisbar machten wir unser Praktikum. Zum Lehrgang lernte ich ein nettes Mädchen kennen. Wir freundeten uns an. Ihr Mann wirkte als Gitarrist mit Roland Neudert, Schlagersänger. Meine neue Freundin erzählte von ihrer Schwester, Weltmeisterin im Gerätturnen, Erika Zuchold. Durch diese und deren Mann bekamen wir zur Leipziger Messe eine ungeahnte Möglichkeit. Wir hatten bereits unsere Eisscheine. Ich machte eine Woche Urlaub im Betrieb. Von uns und anderen Frauen, sowie auserwählten Leuten wurden hochrangige Gäste bewirtet, wie Minister und mehr. Otto-Graf von Lampsdorff und Gefolge traf ein. Vom Eis bis zum Kognak, gutem Essen, es gab alles! Wir profitierten von guter Bezahlung und konnten so viel Eis essen, wie wir nur wollten.

Zu jeder Jahreszeit

war und bin ich heiß,

worauf?

EIS, EIS, EIS

Mit dem Eisladen, das hatte sich zerschlagen. Es kam ganz anders. Ich fand mittlerweile eine Arbeit bei der Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport als wissenschaftliche Assistentin, Fachbereich Sportpädagogik. Ich schätze dort alle sehr, besonders das tolle Miteinander. Es erfolgte große Wertschätzung mir gegenüber. Unruhiger Geist, wie ich war, kam es nun wieder anders. Das war ein großer Fehler! Immer noch ein Eiscafé im Kopf bewarb ich mich als Gaststättenleiterin einer kleinen Kneipe. Es sollte ein Sprungbrett werden. Unter vielen Bewerbern entschied man sich für mich. Bedingung: nur gemeinsam mit Ehepartner! Er musste mir zuliebe alles aufgeben, was er sich aufgebaut hatte! Es kam noch viel schlimmer.



© Elisabeth-Christine Kayser 2023-06-22

Genres
Romane & Erzählungen, Anthologien
Stimmung
Abenteuerlich, Herausfordernd, Komisch, Informativ, Inspirierend
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