von SusiBock
Als Tochter eines Eisenbahners war und ist es das Normalste auf der Welt für mich, kein Auto zu besitzen. Warum auch, konnte man (damals) als ÖBBler plus Familie auch überall hin gratis mit der Bahn reisen. Für mich war als Kind daher die jährliche Autofahrt in den Skiurlaub sehr aufregend, wenn sich die Großfamilie in die Flachau begab. Die anderen Familien hatten alle Autos und so teilten wir uns auf. Mama, Papa und ich saßen in verschiedenen Fahrzeugen, und das fand ich sehr cool und sehr erwachsen. Nach Italien fuhren wir dann doch lieber im superbequemen Schlafwagen bis Venedig und dann mit der Fähre zum Lido di Jesolo. Später suchte ich mir immer Männer mit Autos.
Heute finde ich es aufregend, wenn ich mit meiner Mama und ihrer Schwester mit der Schnellbahn in den Garten fahre. Je älter wir werden, umso lustiger werden die Situationen. Wenn das schon etwas in die Jahre gekommene Dreimäderlhaus reist, passiert immer etwas und ich muss in mir ruhen wie Buddha.
Es war ein Sonntag nach der Umstellung auf die Sommerzeit. Bei uns zu Hause waren alle Uhren korrekt umgestellt (Danke an den Zeitzeichensender in Frankfurt am Main, an die Handynetzbetreiber und meinen Mann) und so kam ich zwar in der richtigen Zeitzone, aber natürlich wie immer zu spät weg.
Die nächstgelegene Schnellbahnstation war genau einen Tag vorher für mehr als ein Jahr gesperrt worden, um irgendeine blöde U-Bahn-Station zu bauen (WTF … bis die fertig ist, bin ich in Pension). So gab es nur eine Straßenbahn, die ich nutzen konnte, um zur übernächsten Schnellbahnstation zu gelangen. Ich traute meine Augen nicht, als ich auf der Abfahrtsanzeige „10 Minuten“ erblickte. Keine Panik, dachte ich mir. Man muss aber wissen, dass die Schnellbahnen nach Strasshof an der Nordbahn, wo unser Garten liegt, nur alle 30 Minuten fahren.
Also nahm ich die nächstbeste Straßenbahn, die mich möglichst nah zur nächsten Einstiegstelle der Schnellbahn brachte. Ich denke, ich bin etwa einen Kilometer gelaufen, also gerannt. Auf den letzten Drücker erwischte ich die Schnellbahn und fuhr Mama und Tante entgegen. Glaubte ich. Als der Zug einfuhr, war weder die eine noch die andere da. Also stieg ich aus und rief meine Mutter an. Wo bist du, Mama? Ja, Mäderle, wo soll ich sein, ist doch erst halb elf, sagt sie. Sag ich: Mama, gestern war Zeitumstellung, weißt du das nicht. Und ich hab mir noch gedacht, ich erinnere dich. Sagt sie: Klar weiß ich das, aber die Funkuhr hat sich offenbar nicht umgestellt. Sag ich: Mama, warum schaust denn net aufs Handy, das einzig Zuverlässige, wennst net grad in einem Funkloch bist. Naja, da hat sie nicht dran gedacht.
Und dann frag ich sie, wo denn jetzt die Tante sei. Die sollte zu ihr kommen, um halb zwölf. Als wir das alles miteinander reden, ist es dreiviertelzwölf, und von der Tante keine Spur. Wie aus dem Nichts tauchte sie dann doch auf und so erwischte das schon etwas in die Jahre gekommene Dreimäderlhaus die nächste Schnellbahn mit nur einer halben Stunde Verspätung!
© SusiBock 2021-04-13