Elapetsch!

Story

Keiner konnte bis dato dem Tod besser ein Schnippchen schlagen als der Brandner Kaspar, der schlitzohrige Bauer, der in dem bayrischen Volksstück “Der Brandner Kasper und das ewige Leben” den Boandlkramer übers Ohr haut und ihm beim Kartenspiel mit ein paar Stamperl Kirschgeist noch ein paar Lebensjahre abluchst. Doch jetzt hat der Brandner Kaspar Konkurrenz bekommen. Denn jetzt dreht auch Willi Resetarits dem Sensenmann die lange Nase, und zwar auf seiner neuen CD “Elapetsch”.

Elapetsch? Never heard? Für Wiener Ohren ist das Wort, das in Bayern und Salzburg gebräuchlich ist, gewöhnungsbedürftig. In Wien sagt man Ätschibätschi dazu. Aber weil ein Salzburger – Walter Müller – den Liedtext geschrieben hat, bedient sich Resetarits der westösterreichischen Variante. „Elapetsch, Tod, bis du mi fangst, bin i scho was Gott wo. Es is no net mei Zeit, Gevatter, tuat ma leid“.

Walter Müller, dessen Texte auf der CD – insgesamt sind es vier – sich in bester Gesellschaft mit jenen von H. C. Artmann befinden, ist mit dem Tod auf du und du. Denn er ist nicht nur Schriftsteller und Liedtexter (Mit dem Titel “Einfach weg” kam er sogar bis nach Luxemburg zum Grand Prix de la Chanson, wie man den Songcontest früher nannte). Er ist ein sehr gefragter Trauerredner. Der Beste im Land.

Für ihn ist jeder Mensch ein eigener Kosmos. Einzigartig und unverwechselbar. Walter Müller hat die außergewöhnliche Begabung, aus jeder Lebensgeschichte etwas Besonderes zu machen, aus jeder das zu destillieren, was den Porträtierten im Leben wichtig war. Zum Heulen schön sind diese Reden. Sie machen einem das Herz ein wenig leichter und lassen einen unter Tränen lachen. Ja, sie zaubern einem gleichsam einen Regenbogen ins Gemüt. Weil es viel zu schade wäre, sie nur einmal zu hören, gibt es diese Nachrufe auch zum Nachlesen. Zumindest einen kleinen Teil davon. 22 Biographien sind im Buch “Lass uns über die Liebe reden” versammelt.

Noch einer, der sich mit dem Tod auskennt, ist Roland Neuwirth, Ex-Extremschrammler, Godfather des erneuerten Wienerlieds und nun Reisender in Sachen Schubert (siehe: Neuwirths Winterreise). Ihm gelang es, in einem Lied eine Vielzahl von Synomymen einzubauen, die der Wiener fürs Sterben verwendet – vom Banklreiß’n bis zum Botschnstreck’n. “Ein echtes Wienerlied” , so nennt es Neuwirth. Ein fast schon vergessener Begriff fand keinen Platz darin: den 71er nehmen. Der wird erst verständlich, wenn man weiß, dass der 71er die Straßenbahnlinie ist , die zum Zentralfriedhof führt. Auf ihr gab es bis 1945 einen eigenen Waggon für den Leichentransport.

Ein Tipp, falls ein Geburtstag 70 plus anstehen sollte: Auf die von Herzen kommende Feststellung “Jezzn wiast aa scho boid den 71er nemma”, pariere man folgendermaßen: „Ka Suag, i foa jo eh‘ min Mercedes!“ Das rät Herr Neuwirth, Jahrgang 1950. Ein Elapetsch wahlweise Ätschibätschi hinterherzuschicken kann dabei auf keinen Fall schaden, behaupte ich.

© 2021-11-18

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