Emanzipation und Doppelmoral

Annika Herda

von Annika Herda

Story

Die Definition von Emanzipation lt. Duden ist folgende: Befreiung aus einem Zustand der Abhängigkeit; Selbstständigkeit; Gleichstellung.

Zeit meines Lebens wurde mir gepredigt mich nicht abhängig zu machen. Mir war und ist es immer ein Anliegen selbständig zu sein, auf eigenen Beinen im Leben zu stehen und alleine klarkommen zu können. Dass mir das möglich ist, aufgrund eines gut bezahlten Jobs, kann man einerseits als Privileg sehen oder andererseits als Resultat von viel Ehrgeiz und Unnachgiebigkeit in der Gehaltsverhandlung.

Paart man das Ganze mit einem Hauch Sturheit und einer Prise Temperament ergibt sich das Bild einer relativ unabhängigen jungen Frau.

Dass es im erweiterten Bekanntenkreis so viele Frauen gibt, die sich von ihren Partnern finanziell und/oder emotional abhängig machen erweckt in mir Gefühle von Bedauern, Traurigkeit, Wut und…. Neid?

Mit Schrecken beobachte ich junge Frauen und Mütter die soviel Vertrauen in ihre Beziehungen und Männer haben, dass sie ihre Jobs aufgeben und sich mit viel Liebe und Hingabe dem Mutter- und Hausfrauendasein hingeben. Die daran glauben, dass die Beziehung allen Höhen und Tiefen standhält und sich scheinbar sorglos in das Abenteuer Familie und Kreditabzahlung stürzen. Die sich trotz einer Scheidungsrate von beinahe 38% auf das „für immer“ verlassen.

Ich komme nicht umhin zugeben zu müssen, dass es mir im Lockdown ehrliche Freude bereitet hat, mich den lieben langen Tag um den Haushalt zu kümmern. Das bisschen Haushalt macht sich tatsächlich von allein. Allerdings nur dann, wenn man keine Doppelbelastung ob eines Vollzeitjobs hat.

Neben vielen anderen Marotten und Ticks gehört die irrationale Panik vor dem Privatkonkurs zu einer meiner größten Sorgen, weswegen ich aus aktueller Sicht eher eine Niere verkaufen würde als mit dem Gedanken ruhig schlafen zu können eine sechsstellige Summe an Schulden bei der Bank zu haben.

Bin ich zu zynisch? Dafür bin ich doch definitiv noch zu jung! Oder findet sich doch ein Fünkchen Wahrheit in dem abgedroschenen Spruch „man spürt es einfach, wenn es der Richtige ist“?

Die Zahlen geben mir recht. Die meisten Ehen werden wieder geschieden und viele Häuser aufgrund von Trennungen verkauft. Kinder feiern zweimal Weihnachten und Eltern streiten wegen Unterhaltszahlungen. In einer Welt, in der es viele nicht hinbekommen ist es anmaßend zu glauben ich würde es besser manche, oder?

Aber Emanzipation bedeutet doch nicht das Leben alleine besser gewuppt zu bekommen, oder?

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt und möglicherweise sollte ich der kleinen hoffnungsvollen Stimme im Hinterkopf öfter Gehör schenken, wenn sie mir rät, Vertrauen zu haben und nicht zu verkopft an die Herausforderungen des Lebens heranzutreten.

© Annika Herda 2021-07-31

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