von Sabine Benedukt
Dieses Jahr zog es uns wieder einmal an unseren Lieblingsstrand in Griechenland. Besonders liebe ich es, dort am Morgen schwimmen zu gehen, wenn das Meer ganz glatt ist und viele Gäste noch schlafen. Unser Gastgeber, Georgo, beschreibt das spiegelglatte Wasser, während er die Sonnenschirme seiner Strandbar aufspannt und den Rasen spritzt mit den Worten: „It’s just like oil“. Die angenehme Wassertemperatur in den ersten Junitagen machte das Schwimmen um diese Tageszeit zum Geschenk. Herrlich, sich vor dem Frühstück schon erfrischen zu können, weil die eigene Terrasse nur ein paar Schritte entfernt ist.
Erst später kehrte dann Leben ein: „Ena, dio, tria!“ – ohne diese drei Worte kann man in Griechenland einfach nicht in den Pool springen. Vor jedem weiteren Platschen riefen es die Kinder, aber auch die Väter: „Ena, dio, tria!“ Nur falls sich ein Kind nicht gleich ins Wasser traute, dann gab es noch einen zweiten Ausruf, die Anfeuerung: „Ella!“ Am Grillplatz des Hotels fanden sich mittags mehrere Familien mit ihren Speisen ein und machten es sich gemütlich, während die Kinder zum Strand hinunterliefen. Da wurden wunderschöne Namen gerufen wie Angelo, Konstantina, aber auch die Ermahnung, sich im heißen Sand nicht die Füße zu verbrennen: „Dimitri, Pantoffolo!“ Ich mag das sehr, wenn wir in Chalkidiki sind, die Sprache hört sich nach Urlaub an. Da war das morgendliche „Kalimera“ im Supermarkt beim Brot einkaufen oder das abendliche „Kalispera“ in der Taverne. Nachdem uns in der Küche gezeigt wurde, was die Mama gekocht hat, wurde es mit einem freundlichen „Kali Orexi“, also „guten Appetit“, serviert: griechischer Salat, ein bisschen Gemüse, Kartoffel aus dem Ofen, ein bisschen Fleisch vom Grill … und besonders groß war die Freude, wenn es als Nachspeise einen Grießkuchen mit viel Zimt und etwas Vanilleeis gab.
Ein Erlebnis war sehr aufregend: ein Erdbeben, tief unten im Meer zwischen Sithonia und Athos, dem zweiten und dritten Finger der Chalkidiki. Wir standen gerade in unserer kleinen Küche, als wir plötzlich ein Grollen hörten und der Boden und die Schränke kurz wackelten. Im ersten Moment dachten wir an einen schweren LKW, der draußen vorbeifährt. Aber nein! Die griechischen Mütter riefen ängstlich nach ihren Kindern. Da haben wir verstanden, was eigentlich los ist. Gott sei Dank ging es schnell vorbei und nichts war passiert.
Daheim hatten wir geplant, einige der uns bekannten Städtchen oder Strände wieder zu besuchen. Aber es fehlte die Zeit. Nein, eigentlich fehlte sie nicht, wir waren nur zu sehr damit beschäftigt, auf das Meer zu schauen oder im warmen Sand zu sitzen, zu schwimmen oder einen kleinen Spaziergang zu machen. Manchmal kam auch der Nachbarhund vorbei und wollte gestreichelt werden. Und ena, dio, tria – war der Tag vorbei. Und wenn dann Georgo beim Sonnenuntergang seine Schirme wieder abspannte, dann zauberte das Licht warme Farben in den Garten und den Strand. Fast gerührt wollten wir sitzen bleiben, nur schauen, bis es dunkel wird. Da war es dann, das Lebensmotto der Griechen: „Siga siga“, langsam, langsam, die Worte, die hier für Entschleunigung und Gelassenheit stehen.
© Sabine Benedukt 2025-06-23