Ende und Anfang

Teresa Kaiser-Schaffer

von Teresa Kaiser-Schaffer

Story

Wie wird es sein, wenn das Ende da ist? Wird es mich völlig unvorbereitet treffen und einfach aus sein? Wird es sich lange davor schleichend und qualvoll ankündigen?

Ich war lange gut darin, vor dem Ende, von dem wir alle wissen, die Augen zu verschließen und so zu leben, als wäre unser aller Zeit auf Erden unbegrenzt. Komplett unerwartet schlug der Tod eines geliebten Menschen wie ein Meteorit in unserer Familie ein und brachte die schützende Festung ins Wanken. Meine Blase war geplatzt. Schicksale der Menschen um uns herum und Geschichten, die uns in die Hände fallen, rütteln uns im besten Fall wach. Für mich war ein weiterer solcher Weckruf das Buch “Ein ganzes halbes Jahr” von Jojo Moyes. Die junge Frau Lou lernt darin Will, der durch einen Unfall an den Rollstuhl gefesselt ist, kennen und lieben. In einem Wettlauf gegen die Zeit versucht Lou, Will von der Schönheit des Lebens zu überzeugen. Letzten Endes kann jedoch auch sie Will nicht davon abhalten, seinem Leben das selbstgewählte Ende zu setzen.

Uns nahestehende Menschen müssen gehen. Die einen trifft es komplett unvorbereitet. Selbst junge Menschen werden durch einen furchtbaren Unfall aus unserer Mitte gerissen. Bei anderen kündigen Krankheiten das unaufhaltsame Ende einige Zeit vor seinem Eintreffen an. Mit den Mitteln der Medizin und allem, was uns sonst noch zur Verfügung steht, versuchen wir dagegen anzukämpfen. Es ist schwer, zu akzeptieren, dass der Tod unaufhaltsam ist. Machtlos müssen wir uns dem Lauf des Lebens ergeben. So wie Lou, die Will gehen lassen muss.

Auch beim Lesen des Romans wollte ich das Schicksal der beiden beeinflussen und das traurige Ende nicht wahrhaben. Doch das Leben kann brutal sein. Herzlos. Unfair. Ich konnte das Buch nicht einfach zu den anderen gelesenen reihen und das nächste beginnen.

Wie Puzzleteile passen oft die Begebenheiten, Begegnungen und Gegenstände zusammen, die unseren Weg schmücken. So waren auch diese Seiten von Jojo Moyes ein weiterer Antrieb für das, wovon ich seit geraumer Zeit nicht mehr wegkomme: Vom Wunsch zu leben und das Leben auszukosten – voll, ganz, mit allen Sinnen und vor allem JETZT.

Wir wissen JETZT, dass wir nur mehr eine endliche Zahl an Tagen vor uns haben. Warum tun wir dann nicht auch genau JETZT die Dinge, die wir tun würden, würde uns jemand sagen, dass wir nur mehr eine endliche Zahl an Tagen vor uns haben? Tanzen, lachen, lieben, einander und uns selbst Gutes tun und endlich beginnen, lebendig zu leben!

© Teresa Kaiser-Schaffer 2021-11-27

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