Endlich Heimat

Kathrin Aizenberg

von Kathrin Aizenberg

Story

14 Monate sind vergangen seit wir endlich wieder in einem Flieger nach Deutschland sitzen. 14 Monate, in denen aus meinem Baby, das die ersten Schritte tat, ein Kleinkind mit Charakter geworden ist. 14 Monate Entwicklung, ein Haufen unvergesslicher Momente, die Oma und Opa, die Tanten und Onkel verpasst haben. Momente, die wir nicht teilen durften, die nie wiederkommen.

Jetzt endlich sitzen wir im Flieger. Und dann frage ich mich, was Heimat ist. Heimat, das ist Familie, der Bodensee, Freunde und Kaffee trinken, aber auch Milchschnitte, dm und Lidl.

Heimat ist, wo ich mich wohlfühle.

Aber würde ich mich dort noch wohlfühlen, wenn all das wegfallen würde? Könnte ich noch einmal in Deutschland leben, in meiner Heimat? Ich lebe seit 6 Jahren im Ausland, in einer Kultur, die nicht unterschiedlicher sein könnte.

Und auch wenn ich mich mit Händen und Füßen dagegen wehre, mein neues Umfeld hat mich verändert. Obwohl ich mich so deutsch fühle, muss ich mir eingestehen, dass ich nicht mehr Teil der deutschen Gesellschaft bin. Ich bin dort nicht mehr Zuhause, aber ich fühle mich auch hier noch nicht Zuhause, weil es einfach nicht meine Heimat ist, keine Erinnerungen wachruft, die ich hier nie gemacht habe. Und doch ist es meine Welt geworden, vieles habe ich lieb gewonnen, vieles würde ich in Deutschland vermissen. Ich bin irgendwo zwischen zwei Welten gelandet, fühle mich mit beiden verbunden und beiden so fremd.

Und dann tut sich unweigerlich die Frage auf: Wer bin ich?

Ich habe keine Antwort darauf, möchte mich nicht definieren, mir nichts eingestehen. Viel lieber sehe ich mich in der Welt zu Hause, weil es alles so viel einfacher macht. Ich will gar nicht weiter darüber nachdenken, nach 14 langen Monaten, in denen mir meine Familie verwehrt wurde, möchte ich jetzt einfach nur nach Hause. Und gerade ist das Deutschland!

© Kathrin Aizenberg 2021-04-26

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