Englisch geht so, Liebe groß

Sunnyyy

von Sunnyyy

Story

Es sind inzwischen fast zwei Stunden seit meiner Landung in Perth vergangen und ich habe die Ankunftshalle noch immer nicht erreicht. Langsam mache ich mir Sorgen, ob meine Host Familie wohl überhaupt noch am Flughafen ist, denn mein Handy hat eine ausgewachsene Bindungsangst und weigert sich konsequent sich mit neuen Routern zu verbinden, kein free WiFi für mich also.

Immerhin stehe ich jetzt schon beim Gepäckband, das Ziel ist in Sicht. Nach unserer Ankunft mussten alle Passagiere ein Dokument ausfüllen, was im Grunde, so glaube ich verstanden zu haben, bestätigt, dass man keine Unsummen an Geld oder Drogen mit sich führt. Tatsächlich habe ich erstes noch nie besessen und hätte mir wohl auch letzteres nicht leisten können. Mein Schulenglisch reichte jedoch nicht, um sicher zu sein, was ich wo ankreuzen müsste. Der Mann hinter mir in der Schlange meinte locker ich solle überall nein ankreuzen und ja sagen, wenn ich etwas gefragt würde. Es klappte.

Die erste Hürde gemeistert, wartete bereits die zweite. Die Drogenhunde. Wie gesagt, ich hatte gar keine Drogen dabei, meine Angst vor großen Hunden trug ich allerdings schon seit Kindertagen mit mir rum. Das schien den Beamten verdächtig. Ich versuchte ihnen die Situation zu erklären, aber auch hier stieß mein Englisch an Grenzen. Wieso genau dachte ich nochmal, dass es eine gute Idee wäre, mal eben allein nach Australien zu ziehen? Und wieso konnte ich Gedichtsanalysen auf Englisch verfassen, aber kannte kaum Alltagsvokabeln? Danke für nix, Frau Meyer. Ich versuchte den beiden Beamten also pantomimisch begreiflich zu machen, wo das Missverständnis lag. Sie durchsuchten meine Sachen trotzdem und ließen mich dann weiter zum Gepäckband.

DA! Endlich. Der überdimensionale Koffer mit Diddl Anhänger. (Ich hatte es nicht übers Herz gebracht meiner Oma zu sagen, dass diese Phase meines Lebens ungefähr vor sieben Jahren vorüber war und so erinnert mich nun Pimbolie, dass er, oder wahrscheinlich viel mehr meine Oma, mich immer lieb haben werden). Ich wuchtete den Koffer vom Gepäckband und lief auf die großen EXIT Türen zu. Nothing to declare. Ich schaute mich um. Plötzlich rannte ein kleines Wesen geradewegs auf mich zu und rief meinen Namen: „Sonja? Sonja? Sonja!“ Sie sprang mir in die Arme und sagte als erstes: „I love you“. Mein Herz schmolz an Ort und Stelle dahin. Okay, doch. Alles richtig gemacht. „I love you, too.“ Das war dann wohl Tamea. Bisher kannte ich sie nur aus drei Skype Gesprächen, aber schon nach dieser ersten Begegnung war die Liebe groß.

Ihr Bruder war etwas zurückhaltender, aber ihm Auto brachte ich ihm bei, wie man Kaugummiblasen macht und so beschloss auch eher noch auf dem nach Hause Weg: „I think you’re the coolest.“ Ich saß eingequetscht zwischen den beiden Kindern auf der Rückbank des Autos und fühlte eine wilde Mischung der menschlich möglichen Emotionen, aber vor allem unfassbar viel Liebe für diese zwei kleinen Wesen neben mir. So schnell ging das also.

© Sunnyyy 2022-03-12

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