von Sonja M. Winkler
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Diesen Dienstag besuchte ich n. (die Kleinschreibung ist Absicht) in Salzburg.
Der Wecker läutet in aller Herrgottsfrüh. Als ich kurz nach 6 Uhr das Haus verlasse, merke ich, es hat abgekühlt und es nieselt. Kein ideales Reisewetter, denk‘ ich, doch da ist Vorfreude. Anhaltender Salzburger Schnürlregen muss also in Betracht gezogen werden, ebenso könnte es der Wettergott auch gut mit mir meinen.
Aus irgendeinem Grund spanne ich auf dem Weg zur U-Bahn den Schirm nicht auf, die Feuchte kriecht ins Haar. Aber um 7 Uhr sitze ich im trockenen Zug und habe zweieinhalb Stunden nichts anderes zu tun, als aus dem Fenster zu schauen. Ich stelle fest, die Landschaft, die an mir vorbeizieht, ist so was von grün, pures Labsal für die Augen. Dass mir die Erforschung des Verhaltens von Wassertropfen auf Fensterscheiben die Zeit verkürzt, das werde ich erst am Zielbahnhof erkannt haben.
Als wir uns Amstetten nähern (7.20), stelle ich fest, dass sich, wenn der Zug mit 150 Sachen dahinbraust, die Schräge der Spritzer, die der Sprühregen aufs Fensterglas klatscht, der Horizontalen annähert. Die Scheibe sieht aus wie ein Blatt Papier, dicht gefüllt mit Reihen zart punktierter Linien, nur vor dem Blattrand beschreiben sie eine leichte Abwärtskrümmung. Zwischen Linz und Wels (8.05) bahnen sich dicke Rinnsale einen Weg, und wenn sich zwei dieser zufällig berühren, verschmelzen sie und nehmen aufgrund der größeren Wassermasse Fahrt auf und irren in einem ziellosen Zickzack-Kurs nach unten. In Attnang-Puchheim (8.24) scheint die Sonne. Und so bleibt es bis zum Zielbahnhof.
Der öffentliche Verkehr in Salzburg wird zum Großteil von O-Bussen bewältigt. O-Busse sind mir von Linz her vertraut, aber ich könnte nicht sagen, ob es sie dort noch gibt. Ich besuche das Rupertinum (Schwarzweiß-Fotos von Marion Kalter). Dann nehme ich den richtigen Bus, steige bei der falschen Haltestelle aus, aber finde letztendlich das Haus, das ich suche.
n. stellt mir als Erstes ihren Thermomix vor. Er surrt, sie singt ein Loblied auf die Maschine, die alle Stückeln spielt. Der köstliche Süßkartoffel-Auflauf ist der beste Beweis. Wir sitzen auf der Terrasse und chillen, Füße hochgelagert, reden über dies und das. Ein Spaziergang führt uns am nahen Airport W. A. Mozart vorbei. Es landet gerade ein Flieger, im Hintergrund ruht der Untersberg.
Vom Kuchen, für dessen Teig auch der Thermomix verantwortlich zeichnet, bringt n. einen Teil in ihre alte Schule. Apropos Schule. n., die geübte Quizzerin, schenkt mir ein neues Wort: Epheliden. Meine Oma sagte „Gugerschecken“.
Zum Kaffee stößt M. zu uns. Sie bringt Aszendenten und Ephemeriden ins Spiel. Die Sonne ist jedenfalls im richtigen Haus.
© Sonja M. Winkler 2022-05-19