von Flora_Ska
… und jetzt ist er nicht mehr da. (Astrid Lindgren – Ronja Räubertochter)
Dieses Zitat fasst für mich den Verlust eines geliebten Menschen auf vollendete und vollkommene Weise zusammen.
Zwar ist der Verlust dieses geliebten Menschen, dessen Identität ich hier nicht unbedingt genauer preisgeben möchte, schon über ein Jahr her, doch verstanden oder begriffen habe ich die Tatsache, dass eben dieser Mensch nicht mehr da ist, noch lange nicht. Ich warte immer noch darauf, dass diese Nachricht endgültig in meinem Bewusstsein ankommt. In dem Augenblick, in dem meine Mutter mir am Telefon von dessen Tod berichtete, bekam ich eine Art Schlag auf den Kopf, als hätte man mich mit voller Wucht zu Boden gestoßen. In diesem Moment wurde eine Verbindung unterbrochen, ein Faden durchgeschnitten, etwas ist zerbrochen, wurde beendet, zerstört, irreparabel, unwiderruflich. In dem Augenblick, in dem ich es erfahren habe, war es auch schon vorbei. Jetzt ist es aus. Jetzt ist er weg. Jetzt gibt es ausnahmslos und absolut NICHTS, was man noch tun könnte. Es ist zu spät. Es ist schon passiert. Kein Weg zurück. Kein Verhandeln, kein Aufhalten. In dem Moment muss man es auch schon akzeptieren. Man kann nichts mehr machen. Nur noch trauern. Und was dann?
Zum ersten Mal in meinem Leben hat es jemanden aus meinem innersten Kreis, den Top 5, wenn ich das so sagen darf, der von mir am meisten geliebten und mir wichtigsten Menschen erwischt. Davor gab es natürlich auch schon Todesfälle, Verwandte, über deren Tod ich traurig war, deren Tod mich mitgenommen hat, doch entweder standen wir uns nicht besonders nahe oder diese Person war schon sehr alt, sodass man das Ende dieses Lebens durchaus als natürlich empfinden und akzeptieren konnte, oder beides. Dieses Mal jedoch, die von mir besonders geliebte Person betreffend, war es erstens deutlich zu früh und zweitens absolut plötzlich und unerwartet. Aus dem Nichts. Von heute auf morgen. Ohne Ankündigung, ohne bekannte Vorerkrankung. Keine Chance mehr, sich zu verabschieden, sich darauf vorzubereiten.
Ich versuche, ganz generell in meinem Leben, nie das Schlimmstmögliche anzunehmen. Es könnte nämlich genau genommen IMMER noch schlimmer sein. Und so fing ich an, mir einzureden, eine langwierige schmerzhafte Krankheit wäre für diese Person schlimmer gewesen, uns Angehörigen wiederum wäre wohl ein Autounfall oder ein Gewaltverbrechen noch willkürlicher erschienen und daher schwerer zu verkraften gewesen. So hat er selbst immerhin nicht leiden müssen.
Zwei weitere Punkte, die mich trösten: Ich bin nicht der erste Mensch, der das durchmacht. Man ist nie der erste, nie der letzte, nie allein auf der Welt mit seinen Problemen und seinem Unglück.
Und das wiederum wird mir bewiesen – wie so vieles andere – durch die Kunst. Die Menschen machen Filme, schreiben Bücher und Lieder, die einem genau das immer wieder vor Augen halten, wenn man es braucht: Du bist nicht allein und nicht der einzige. Egal, worum es geht.
© Flora_Ska 2020-09-22