von Erich Stöger
Es war so schön und so groß! Unser Auto! Ein dunkelgrauer Opel Caravan. Baujahr? Wahrscheinlich zu Beginn der sechziger, vielleicht auch Ende der fünfziger Jahre. Aber das war für die ganze Familie wahrlich kein Thema. Wir waren nur stolz! Immer wenn Papa an seinen freien Tagen zu Hause war, wurde es gepflegt und gehegt wie ein Familienmitglied. Direkt neben dem Dorfbach wurde es geputzt, eingeseift, gewaschen und poliert! Abwechseln durften wir am Steuer sitzen, mit ihm etwas herum wackeln und fühlten uns dabei wie Könige! Unser Eifer kannte keine Grenzen. Papa hatte leider wenig Freizeit und am allerwenigsten zu den Wochenenden. Aber manchmal klappte es doch. Oder es waren diverse Wochentage in den Schulferien, und dann hieß es manchmal: Auf, wir machen einen Ausflug! Wurde er schon vorzeitig angekündigt, waren schlaflose Nächte die Folgen. Ach war das schön! Kurzausflüge führten uns nach Krumau, unsrem Geburtsort, zur Mami. Mami war unsere Oma mütterlicherseits. Sie war die beste und allerliebste Mami, die man sich vorstellen kann! Leider war ihr ein nur relativ kurzes Leben bestimmt. Aber darüber ein andermal. Obwohl mit einem Großteil der Dorfgemeinde verwandt oder doch zumindest gut bekannt, besuchten wir doch am liebsten unsere Mami. Ja, und hin und wieder, gab es einen etwas weiteren, in Kilometern gemessenen, Ausflug. Da wurden beispielsweise die Familienangehörigen von Papa besucht. Zu diesen hatten wir Kinder wenig Kontakt und daher von uns eher den „nicht so beliebten“ Zielen zugeordnet.
Aber es gab auch Ausflüge in die Tiefen des Waldviertels. Ruinen, Burgen und Schlösser wurden besucht und von uns Kindern bestaunt. Einige kannte ich, als ältester, bereits aus dem Schulunterricht. Aber nicht nur diese Besichtigungen machten mir und meinen Geschwistern so viel Freude, sondern das Fahren an sich. Es war so faszinierend, sich durch die Landschaft zu bewegen, und die Wiesen, Felder und Wälder bewundern zu können, ohne dass man einen Fuß vor den anderen setzen musste. Oh wie herrlich! Stundenlanges Herumfahren hat uns Kindern genügt. Man konnte am nächsten Tag allen Freunden und Schulkameraden so viel erzählen. Du warst plötzlich interessant, du hast so viel erlebt! Eine der wundervollen Reisen führte uns in die Wachau. Ob ich in der Schule zu diesem Zeitpunkt schon von ihr gehört oder gelernt hatte, weiß ich heute nicht mehr so genau zu sagen. Aber unwichtig! Wir sahen Weinberge. Wir sahen die Donau. Welch ein gigantischer Anblick! Und erst die riesigen Schiffe! Starke Schleppschiffe, die an Stahlkabeln drei und manchmal auch mehr Schleppkähne hinter sich herzogen. Und dann waren da noch die gewaltigen Schaufelraddampfer mit den vielen Menschen drauf. Sie winkten und wir winkten! Was für Erlebnisse! Manchmal hatte ich das Gefühl in der großen weiten Welt angekommen zu sein!
Bei der Nachhausefahrt gab es noch eine Jause und „Kracherl“ (Limonade) im Gastgarten eines Heurigen. Auch dieser Begriff war uns damals nicht bekannt. Wir dachten, na ja, ein Wirtshaus auf eine etwas andere Art, und damit hatte es sich. Wie das Schicksal so will, sollte es genau in diesem Gastgarten einige Jahre später zu einem schmerzlichen Abschied zwischen mir und meiner Familie kommen! Das ist allerdings eine andere Geschichte!
© Erich Stöger 2023-11-17