Erleuchtung oder so

Petra Dinhof

von Petra Dinhof

Story

Ich bin ein unruhiger Mensch. Leider. Das hat auch ein paar Vorteile, denn ich bin unglaublich schnell in vielem, habe dauernd Ideen, bin, vielleicht auch deshalb, recht vielseitig. Aber Entspannung, Ausruhen, Nichtstun, Faulenzen – das sind die wirklich schwierigen Dinge im Leben! In meinem Leben zumindestens. Kluge Berater sagen, das ist nicht gesund.

Also gut, dann besuche ich das Seminar „Stress – Management“. Da lerne ich, wie sehr und auf welche Art ich gestresst bin. Eigentlich wusste ich das schon, aber jetzt habe ich kluge Worte dafür. Da fühle ich mich doch gleich viel besser! Zu Hause manage ich dann meinen Stress, wie im Seminar gelernt. Lustig ist das! Wie ein dressierter Affe jongliere ich mit den Techniken herum und mache alles so unglaublich richtig – aber entspannt bin ich nicht.

Dann besuche ich einen Meditations-Kurs. Der Kursleiter ist so eine Art Guru, ein seltsamer Typ mit buntem, flatterndem Gewand und komischem Sing-Sang beim Sprechen, egal, ob er über Meditationstechniken, seine unendliche Weisheit, das Abendessen oder über das Klopapier, mit dem wir doch bitte sparsam umgehen sollen, redet. Die Meditationen sind ja fein, aber innerlich zapple ich jetzt noch mehr, da ich äußerlich ruhig sitzen muss. Das war schon in der Schule so, was zu einer weniger guten Betragensnote geführt hat. Darüber habe ich mich damals tatsächlich gekränkt! Jetzt kränke ich mich nicht, bin aber gequält. Heldenhaft halte ich bis zur Königsmeditation durch. Danach fühle ich mich als Einzige nicht erleuchtet, aber doch ein wenig ruhiger. Zu Hause wende ich die Techniken des Gurus an, muss aber leider dauernd lachen, vor allem, wenn ich sein super-ernstes Gesicht und den Sing-Sang im Kopf habe. Außerdem habe ich genug Klopapier! Das mit der Meditation ist auch nichts!

Ein Wellness-Wochenende muss her, ich muss mich entspannen! Das 5-Sterne-Hotel ist elegant und sehr ruhig – das macht mich gleich ein bisschen nervös. Am Abend gibt es Klangschalenmeditation. Das ist wirklich schön. Ich spüre das Schwingen der Töne, fühle mich sehr wohl und werde tatsächlich ruhig. Bis der Mann neben mir laut zu schnarchen beginnt und die Dame gegenüber zu grunzen! Wieder nichts! Sauna ist gut, aber kaum entspanne ich mich ein wenig, ist mir zu heiß. Thermalbaden ist schön, aber kaum werde ich ruhig, kringelt sich meine Haut. Im Zimmer zu ruhen ist auch fein, aber doch sehr fad!

Zu Hause angekommen bin ich immer noch – ICH – etwas unruhig, aber lustig, ein bisschen zu schnell, manchmal hektisch, aber oft strahlend und fröhlich – im Grunde mag ich das genau so! Offensichtlich bin ich nicht therapierbar, was gezielte Entspannung und Erleuchtung betrifft! Mit dieser Erkenntnis gehe ich in den Wald, in den Dehnepark. Irgendwann bemerke ich, dass ich ganz ruhig atme und mich sehr wohl fühle. Zu Hause lege ich mich zu meiner Hündin auf die Couch und streichle sie. Jetzt bin ich ganz ruhig und entspannt und alles ist gut!

So einfach ist das! Und preisgünstig!

© Petra Dinhof 2019-12-23

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