von Barbara Hiller
Parkplatz
Noch im Auto sitzend packe ich die Maske aus, drehe und wende sie. Vorne, hinten, innen, auĂźen? Doch, so mĂĽsste es stimmen. Ich ziehe mir die Schlaufen ĂĽber die Ohren und drĂĽcke den NasenbĂĽgel ein. Unangenehm nah an den Augen. Mit einer Bewegung meines Kinns passe ich die Position noch etwas an. Na also, kann losgehen!
Eingang
Als ich den Einkaufswagen zu mir ziehe, merke ich, dass ich die Desinfektionstücher vergessen habe. Meine Hände liegen ungeschützt auf dem Griff und fühlen sich sofort sehr schmutzig an, fast schon radioaktiv. Jetzt bloß nicht ins Gesicht fassen. Leider habe ich meine Haare nicht zusammengebunden, schon kitzelt die erste Strähne am linken Auge … Ah! Jetzt werd mal nicht kirre, du bist noch nicht mal durch die Tür.
Frischwarenabteilung
Vor dem Obstregal steht eine ebenfalls maskierte Frau und sieht sich jeden Apfel einzeln an, also erstmal zum Gemüse. Ich habe die Gurke meiner Wahl schon im Visier, da tritt von hinten ein maskenloser Mann an mir vorbei und bricht damit in meine Mindestabstandsblase herein. Ah! Ich gehe einen Schritt zurück, warte, bis er sich ein paar Tomaten ausgesucht hat – zu nah an den Gurken, viiiiel zu nah – und nehme dann wieder meinen ursprünglichen Kurs auf.
Wursttheke
Wage ich mich nun an die Theke oder nicht? Dahinter unmaskierte Bedienungen. Was, wenn sie beim Sprechen auf meine Salami spucken? Ach, komm! Auf einmal wieder der Tomatenmann, dieses Mal bemerkt er mich aber, macht einen Ausfallschritt um mich herum und lächelt dabei entschuldigend. Ich lächle zurück. Rums – prallt mein Lächeln von innen gegen meine Maske und bleibt dort stecken. Ich lächle stärker, komme mir doof vor. Sieht er das? Er hat sich natürlich schon längst weggedreht. Also Wursttheke, das ist doch jetzt halb so dramatisch, verdammt.
SĂĽĂźigkeitenregal
Ein Paar steht vor meiner Lieblingsschokolade und ist so ins Gespräch vertieft, dass es mich nicht bemerkt. Also gehe ich den Gang mit dem Klopapier – bzw. momentan eben genau den Gang ohne Klopapier – entlang und taste mich von der anderen Seite heran. Es klappt, sie weichen gerade so weit aus, dass ich es vertretbar finde. Ich meine, es geht hier schließlich um Schokolade. Klopapier ist ja ganz nett, aber Schokolade …
Kasse
Am Boden Klebeband im Mindestabstand, die Kasse hinter einem großen Plexiglasverschlag, ich atme auf. Und merke, dass ich gefühlt schon die ganze Zeit die Luft anhalte. Uff. Die Ware läuft übers Band, die Kassiererin lächelt freundlich, ich lächle zurück … na ja, zumindest mache ich eine Grimasse, von der ich hoffe, dass man sie auch noch oberhalb meines Nasenbügels sehen kann. Dann ruckele ich mein Kinn ein wenig hin und her, um die Maske wieder etwas nach unten zu ziehen.
Parkplatz
Auspacken, Einkaufswagen zurückstellen, ins Auto setzen, die Tür hinter mir zuziehen. Und jetzt? Meine Hände sind ja noch verseucht. Egal, runter mit dem Teil. Atmen, atmen. Haarsträhne aus den Augen streichen … Ah!! Das kann ja noch was werden, echt.
© Barbara Hiller 2020-05-03