Erwarte das Unerwartete

Dass sein Zug eine Stunde Verspätung hatte, nervte ihn unheimlich. Doch jetzt konnte er endlich einsteigen und auf seinen Platz gehen. Das war doch wirklich eine Frechheit. Er kam nie zu spät! Das war für ihn ein deutliches Zeichen der Respektlosigkeit.

Seufzend betrat er sein Abteil, verstaute sein Gepäck. Öffnete sein Jackett und ließ sich auf seinen Platz gleiten. Ja, für die äußeren Umstände konnte er nichts. Dennoch störte es ihn unheimlich. Nannte man ihn auch “Dr. Zuverlässig”, weil er immer sein Wort hielt.

Die Durchsage, dass sie erst in 20 Minuten abfahren würden, machte es nicht besser. Um sich abzulenken, sah er aus dem Fenster. Und sein Blick fiel auf eine Schwarzhaarige, die ihn sofort in ihren Bann zog. Diese Augen… Nie zuvor hatte er einen schöneren Menschen gesehen.

Sie hob ihren Kopf, dass sich ihre Blicke trafen. Wow! Sofort begann sein Herz schneller zu schlagen. Sie lächelte ihm leicht entgegen, was er mit einem freundlichen Nicken quittierte. Und als er sah, dass sie in seinen Zug stieg, wurde das Herzklopfen schlimmer. Ob sie zu ihm kommen würde?

Und kaum hatte er das gedacht, hielt sie vor seinem Abteil an, lächelte wieder. Öffnete dann die Glastür. “Entschuldigen Sie bitte. Ist bei Ihnen noch frei?” glitt ihre warme Stimme über ihn und er musste ein Keuchen unterdrücken. So samtig… Er schluckte, nickte wieder. “Sicher. Kommen Sie herein.” lud er sie ein.

Das ließ ihr Lächeln breiter werden und sie trat ein. Verstaute ihr Gepäck und setzte sich ihm gegenüber. “Ich bin Annabelle.” stellte sie sich vor. Ihre grünen Augen glitzerten richtig, als sie in sein Blau sah. Streckte sie ihm ihre Hand entgegen.

“Ich bin Jackson.” lächelte er, nahm den Gruß an. Und als ihre Hand gänzlich in seiner verschwand, konnte er sehen, dass sich ihre Wangen rot färbten. “Fahren Sie auch nach London?” Einen Moment zu lang hielt er ihre Hand und ihren Blick fest, eh er sich wieder zurück lehnte.

Sie nickte erneut. “Ja. Und wenn der Zug keine Verspätung hätte, hätte ich ihn nicht mehr bekommen.” erklärte sie. “Heute lief irgendwie alles schief.”

Ob dieser Worte überkam ihn ein eigenartiges Gefühl. Plötzlich störte ihn die Verspätung nicht mehr. Dachte er gar nicht daran. Er fuhr sich durch die dunkelbraunen Haare. “Es gibt manchmal solche Tage. Aber man weiß nie, wofür es gut ist.”

Das ließ sie erneut lächeln, beobachtete sie seine Bewegung. “Ja… da stimme ich Ihnen zu.” Und ganz plötzlich… veränderte sich sein Leben. Aus dem Nichts. An diesem Punkt konnte er nicht ahnen, dass die Zugverspätung ihm die Liebe seines Lebens bescherte.