von neli
„Erzähl mir einen Schwank aus deinem Leben“, meinte er launig.
„Promillebedingt, oder anders?“. „Anders“.
Und ich erzählte: „Als Kind fraß ich mich raupenmäßig durch den Bücherbestand meines Vaters. Da war von „Den Memoiren des Freudenmädchens Fanny Hill“ bis zu Nietzsche alles dabei. Die speziellen „Heftln“ allerdings gab es nur bei meiner Tante. Leicht anrüchige Illustrierte, in denen es Nacktaufnahmen gab, und immer und überall einen Arzt, der Fragen beantwortete. Auf diese Lektüre war ich ebenso gierig, wie auf die Bücher und so las ich immer wieder in der Doktorkolumne: „Knoten in der Brust=Brustkrebs=höchster Alarm!“
Die Dinge nahmen ihren Lauf – auch bei mir, und irgendwann sprossen Knospen. Sauweh tat es außerdem und als ich tastete: Knoten. „Na bravo, Neli“, dachte ich, „das hast du wieder fein gemacht. Noch keine Brust, aber schon einen Krebs“. Das kann einem schon mal den 12 Jahre gediehenen Boden unter den Füßen wegziehen. Zunehmende Schulbildung und die Schnittaufnahmen im Biologiebuch, gepaart mit der Fähigkeit, dreidimensional zu denken, brachten Entwarnung.
Der nächste Schwank ereignete sich acht Jahre später. Wir hatten im Rahmen unserer Ausbildung zum Sonderschullehrer wirklich sehr fundierte Vorlesungen im Bereich ‘medizinische Grundlagen‘ und waren in diesem Rahmen mit dem Professor in der Landesnervenklinik, wobei er uns sogar einen Blick in die bizarre Welt der Insassen auf der geschlossenen Abteilung gewährte. Ich war nachhaltig fasziniert von der Exkursion. Zwei Tage später hatte ich im Rahmen der Führerscheinprüfung den obligaten Termin beim Amtsarzt. „Amtsarzt, na ja, das ist halt ein verhutzelter Professor, der neben der Arbeit in der Klinik stundenweise auch diesen Job macht“, dachte ich so nebenbei.
Ich saß dann allerdings einem Adonis gegenüber. Einem derart unverschämt gut aussehenden Kerl, dass ich seine Standardfragen mit leicht benebeltem Hirn gerade mal so beantworten konnte. Irgendwann stoppte er kurz, sah mich eindringlich an und meinte: „Waren Sie einmal in der Landesnervenklinik?“ Na, mehr hatte es nicht gebraucht. Noch total geflasht von der Exkursion schoss es mir durchs Hirn:
„ Moooaaah, der kann sich aus dem Rudel von Studenten heraus noch an MICH erinnern!“ und so antwortete ich, einem jungfräulichem Bräutlein gleich errötend, mit einem bebenden, aber doch euphorisch – klarem: “JA!“
Auch wenn die grundsätzliche Bedeutung eine andere ist, aber die Redewendung von „sein Gesicht verlieren“ wäre absolut angebracht gewesen. Dem Manne war das Gesicht kurzfristig regelrecht heruntergefallen und innerhalb dieser Sekunden wurde mir der Lapsus auch schlagartig bewusst. Gottlob war ich in der Erklärung glaubwürdig genug und der Adonis bescheinigte mir Führerscheintauglichkeit trotz Aufenthalts in der LNK.
Willst du noch was hören? “Er wollte nicht mehr. Stattdessen kam die faule Ausrede von wegen „Bauchweh vor Lachen“.
Männer!
© neli 2020-12-30