»Es fährt ein Zug nach nirgendwo«

Elisabeth-Christine Kayser

von Elisabeth-Christine Kayser

Story
Leipziger Buchmesse 2023

Fand in Leipzig eine Buchmesse statt, spürte ich schon Monate zuvor eine innere Aufregung und Unruhe. Mittlerweile kannte ich diese tolle Atmosphäre und war stets begeistert, sobald meine Füße mich durch die Messehallen trugen. Glücksgefühle, Adrenalin pur. Dieses Flair, die Gerüche, die vielen Stände, Bücher über Bücher und besonders die Menschenmassen. Mein Herz schlug jedes Mal heftig. Meine Augen nahmen riesige Reklamen wahr, Funk und Fernsehen waren vertreten und sämtliche wichtigen Sender aus verschiedenen Ländern. Presse, Verlage und Verleger, Firmen, zahlreiche gastronomische Einrichtungen, verteilt in den großen Messehallen luden ein. Die Organisatoren und Messebauer hatten Großes vollbracht. Alles war bestens organisiert. Plakate und mehr zeigten wo, was, wann stattfand. Wo sollte ich anfangen? Was interessierte mich am meisten? Würde ich wieder Bücher kaufen, besonders wenn sie mich riefen? Interessant für mich, mit netten Menschen Gespräche zu führen. Es war wie Magie. Ließ mich einfach treiben, in der Hoffnung, möglichst viel zu sehen, zu lauschen, alles aufzusaugen und genießen, es noch nachhallen lassen?

Zwischendurch gönnte ich mir einen kleinen Imbiss, lief danach weiter. Plötzlich stockte ich. Ein Stand mit Fotos, Büchern und Plakaten erweckte mein Interesse. Dort signierte Christian Anders gerade ein Buch und viele alte Schallplattencover. Ich erfuhr, dass der Besitzer der Schallplatten schon 20 Jahre mit ihm befreundet ist. Dieser drückte mir sogleich eine Visitenkarte und einen Prospekt in die Hand. »Bin Veranstalter für Stadtrundfahrten und Kanalfahrten in Leipzig!« Ich freute mich. Am Verkaufstisch stand die Verlegerin von Christian Anders. Währenddessen warteten einige Besucher, um mit ihm zu reden ihn mitunter zu umarmen, von ihm umarmt zu werden. Ich wartete auch. In Gedanken dachte ich, ist der aber dünn und mittlerweile auch schon älter. Seltsamerweise kam mir der Spruch in den Sinn, dass ein guter Hahn selten fett wird. Ging auf ihn zu und sagte traurig: »Ich bin nun auch schon eine alte Schachtel, eigentlich wollte ich die Welt retten!« Er sah mich an. »Sag, so was nicht, das darfst du nicht sagen und die Welt retten brauchst du nicht, rette dich lieber!« Er gab mir zu verstehen, dass ich mich hinsetzen solle. Lies das, dann denkst du anders! Er gab mir ein Buch, ich setzte mich hinter ihn hin. Ich bat um ein Buch über Indien. Er war in Indien, mein Mann früher dienstlich auch. Dann fiel mir ein, dass mein Mann nicht mehr lesen kann und tat es kund. Die Verlegerin empfahl mir eine CD, die ich sofort signieren ließ und kaufte. Wollte aufrunden, sie gab mir die 5.- zurück. Ich war total aufgeregt, zitterte innerlich und fragte, ob ich ein Bonbon nehmen darf? Dafür ist es doch da, meinte er. Später sollte noch eine Veranstaltung mit ihm stattfinden, er empfahl sie mir. Ich sagte zwar zu, doch kam es wieder anders. Die Zeit verging wie im Flug und mich trieb mein Verantwortungsgefühl nach Hause. Mein Mann hatte mir den Buchmessebesuch spendiert und mir geraten, ein Taxi zu nehmen, damit ich mehr Zeit für mich habe. Das tat ich. Es war ein wundervoller Buchmessebesuch für mich, den ich nie vergessen werde. Danke.



© Elisabeth-Christine Kayser 2023-11-04

Genres
Romane & Erzählungen, Anthologien
Stimmung
Abenteuerlich, Herausfordernd, Emotional, Komisch, Hoffnungsvoll
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