„Es geht ums Tun und nicht ums Siegen“

Peter Schwanter

von Peter Schwanter

Story

Mit dem Älter werden stellt sich irgendwann einmal die Frage: „Ob es in dieser Tonart weitergehen soll?“ Das eigene Revoluzzertum ist im letzten Jahrzehnt ja schon ein wenig zahnlos geworden. Was konnte ich mich vor fĂŒnfzehn Jahren noch aufregen und echauffieren ĂŒber Dinge und Ungerechtigkeiten, die ich heute mit nonchalanter Gelassenheit und Langmut betrachten kann.

Sehe ich aber den Jungen bei ihren Aktionen zu, dann juckt mich schon die Partisanenseele in mir. Dann will sie wieder laut sein und sich unters Volk mischen. Und in solchen Momenten mische ich mich auch, nicht unters Volk, aber mich selber durch. Dann werden meine Vorstellungen und Einstellungen zur und ĂŒber die Gerechtigkeit in der Welt, einer genaueren ÜberprĂŒfung unterzogen. Meist endet mein innerer Dialog mit dem Konsensbeschluss, dass ich zum körperlich kĂ€mpferischen Einsatz heute weniger tauge, aber auf geistig, argumentativer Ebene, durchaus noch revolutionĂ€re Ressourcen hĂ€tte. Nur fragen um diese Ressourcen seit geraumer Zeit nur mehr sehr wenige an. Ich werde eher als der ruhende Pol, der Katalysator und der bedachte Vermittler wahrgenommen, als der forsch Einfordernde oder mit erhobener Fahne Voranschreitende.

Jetzt bin ich also wieder bei der eingangs erwĂ€hnten Fragestellung angelangt: „Wie kann es weitergehen, wenn es interessant bleiben soll?“ FĂŒr rigorose Änderungen in meinen Lebensmaximen (wie sie Frank Naujok gerade vollzieht) war ich ohnehin schon immer nur schwer zu haben. Weiters wird mir, davon bin ich felsenfest ĂŒberzeugt, mein grundsĂ€tzliches Urvertrauen in die Menschen bis zu meinem letzten Atemzug erhalten bleiben. Ich bin zwar schon einige Male gehörig auf die Schnauze gefallen, aber ich glaube einfach an das Gute in den Menschen.

So gesehen bleibt mir nach reiflicher Überlegung als gangbarer und interessanter Weg, die Auseinandersetzung mit dem Leben und meiner Umgebung jeden Tag auf das Neue zu suchen. EindrĂŒcke und Erkenntnisse zu sammeln, tagtĂ€glich dazu zu lernen (dazu tragen unter anderem die Geschichten von Wolfgang Mayer König bei) erscheint mir fĂŒr mich adĂ€quater, als mich in einer Sport- oder Gymnanstikgruppe meiner Alterssequenz in Reih und Glied zu bewegen.

„Denn mich fĂŒhr‘n auf meiner Reise zum Verstehen viele Gleise. Zwischen ZĂ€rtlichkeit und Wut fasse ich zum Leben Mut“, singt Konstantin Wecker. Ich habe meine „Kugellager“ geschmiert, meine RĂ€der laufen rund und nun werde ich mir einmal meine Gleise zu GemĂŒte fĂŒhren.

Titel: Bernard Glassman – amerikanischer Zen Meister

© Peter Schwanter 2020-05-13