Es gibt ein Wort dafür.

Ich dachte lange, ich sei falsch. Kaputt. Nicht gut genug.

Ich dachte, ich müsste mich mehr anstrengen. Müsste die Zweifel ausschalten, die Zähne zusammenbeißen und dann würde es schon irgendwie klappen.

Dann habe ich ein Wort gehört: Asexuell.

Es hat sofort etwas in mir bewegt. Als ich den Begriff in einem Film aufschnappte, hat etwas in meiner Brust angefangen sich zu drehen. Ich habe das Video gestoppt und musste erst einmal durchatmen.

Vielleicht bin ich nicht kaputt. Vielleicht bin ich einfach nur asexuell. Und wenn es ein Wort dafür gibt, dann gibt es auch andere, denen es genauso geht wie mir – oder?

Ich habe einen Clip nach dem anderen geschaut. Menschen gesehen, die zwischen romantischer und sexueller Anziehung unterschieden haben. Begriffe benutzt haben, die ich noch nie zuvor gehört hatte. Das Drehen wurde immer schneller.

„10 Hinweise darauf, dass du ace bist.“

Rechnen. Wie viele Punkte treffen auf mich zu? Der erste schon. Aber der zweite? Und stimme ich dem dritten wirklich zu oder denke ich das nur, weil die Person im Video es vorschlägt? Fühle ich das tatsächlich?

Ich weiß noch, dass ich irgendwann abgebrochen habe, weil es mir zu viel wurde. Es konnte doch nicht sein, dass ich so anders funktionierte als alle anderen!

Doch das Wort blieb in meinem Kopf. Setzte sich fest wie ein kleines nachtaktives Tier, das man meist nicht bemerkt, und das dann doch immer wieder vorbeihuscht.

Ein paar Monate später hat sich eine Bekannte bei mir als asexuell geouted. Eine alte Schulfreundin. Sie hat von ihrer Freundin erzählt, die ebenfalls ace ist, und von einer glücklichen platonischen Beziehung. Zum ersten Mal war ich auf jemanden eifersüchtig. Es musste so einfach sein. So entspannt. Ich war so überwältigt von meinen Gefühlen, dass ich mich nicht länger zurückhalten konnte. Also habe ich ihr gesagt, dass ich vielleicht Teil des asexuellen Spektrums bin.

Abgesehen von ihr wusste es lange Zeit niemand.