Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

Susanne Kraft

von Susanne Kraft

Story

Der Moment ist gekommen, die Gemüsesetzlinge sind groß genug und dürfen nun von der Fensterbank ins Freie wechseln. Ich fühle mich wie eine Mutter, die ihre Kinder ins Leben entlässt. Es handelt sich zwar nur um den Garten vor dem Haus, aber ab jetzt sind sie auf sich allein gestellt.

Es ist ein warmer Frühlingstag, die Sonne brennt schon fast vom Himmel herab. Ich bearbeite den Boden eines Beets, das ich zum zukünftigen Gemüsebeet auserkoren habe. Letzten Herbst war nicht zu entziffern, was hier eigentlich wächst. Und so haben wir kurzerhand entschieden, dass es in diesem Jahr Gemüse sein soll.

Wir haben Lehmboden, eher ein Fluch als ein Segen, würde ich sagen. Aber das sucht man sich bei seinem Garten nicht aus. Im Winter ist es eine ganz schöne Sauerei und auch sonst, wenn es regnet oder feucht ist. Meine erste Anschaffung waren knall-gelbe Gummistiefel, die nur im Garten getragen werden. Andernorts sind sie wegen ihrer braunen Dauerkruste nicht einsatzfähig. Der eher schwierige Lehmboden wird mit Komposterde und gekauftem Humus aufgewertet und in eine hoffentlich fruchtbare Mischung verwandelt. In diese hält der Kindergarten Einzug.

Natürlich werden die einzelnen Sorten nicht wahllos nebeneinandergesetzt. Ich habe mich eingelesen und vorbereitet. Wer kann gut mit wem und unterstützt sich gegenseitig oder wo könnte schnell ein Streit oder Streik ausbrechen? Im Beet ist nicht jeder jedem grün. Die letzten Wochen habe ich einen ausgeklügelten Pflanzplan erarbeitet, mithilfe dessen die Harmonie in der Gruppe sichergestellt sein müsste. Tante Tomate wächst neben Bruder Basilikum. Die beiden mögen sich und werden sich im Wachstumsprozess nicht in die Wolle bekommen. Es ist wie bei der Erstellung eines Sitzplans für eine Feier. Da sollte man auf solche Kleinigkeiten auch Rücksicht nehmen.

In liebevoller Kleinarbeit wird jedes Pflänzchen eingesetzt, bei manchen Sorten auch die Samen. Diese sind etwas robuster und kommen gleich in der großen weiten Welt des Beets zurecht, ohne dass sie in heimeligen kleinen Förmchen vorgezogen werden müssen. Wir haben also eine bunte Beetmischung, die eindeutig beschriftet in ihre Selbstständigkeit startet.

Glücklich, zufrieden und ein bisschen stolz gehe ich mit dem ersten Sonnenbrand und dem ersten schon fühlbaren Muskelkater des Jahres zurück ins Haus. Seitdem wir den Garten haben, hat sich der Bedarf für ein Fitnessstudio gegen null entwickelt. Eine Stunde im Garten zu arbeiten oder auch nur Blätter zusammenzufegen, erübrigt jede sportliche Betätigung. Alle, die ein Stück Natur betreuen, wissen, was ich meine.

Zitat im Titel von Erich Kästner

© Susanne Kraft 2023-01-14

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