Es ist kein Meister vom Himmel gefallen

Daniela Wolf

von Daniela Wolf

Story

Ich bin Daniela. Ich bin die Tochter eines Laderfahrers und einer Haus- bzw. Putzfrau. Der Großteil meiner Familie arbeitet im Dienstleistungssektor. Schneiderei, Einzelhandel und Pflege, um genau zu sein. In einer höheren Schule war keiner von ihnen. Damit falle ich in die Kategorie „Arbeiterkind“ – und bin laut Statistik noch immer eine Seltenheit an österreichischen Universitäten. Ich habe den Weg raus aus dem Dorf an die Uni geschafft. Andere Arbeiterkinder habe ich dort allerdings kaum getroffen. Das liegt wohl daran, dass Bildung noch immer eine Sache der Vererbung ist. Ob du auf eine Hochschule gehst oder nicht, hängt maßgeblich davon ab, ob deine Eltern das getan haben. Wer denkt, dass die Zeiten vorbei sind, in denen eine universitäre Ausbildung keine Sache der Vererbungslehre ist, hat sich an den Hochschulen Österreichs noch nicht richtig umgeschaut. Dabei heißt es immer Österreich, sei ein Land, in dem Chancengleichheit in Sachen Bildung herrscht. Das ist sogar in Artikel 14 Absatz 5a der Bundesverfassung verankert. Die gesamte Bevölkerung soll „unabhängig von Herkunft, sozialer Lage und finanziellem Hintergrund, unter steter Sicherung und Weiterentwicklung bestmöglicher Qualität ein höchstmögliches Bildungsniveau“ erreichen können. Die Realität zeichnet allerdings ein anderes Bild. Bildungsungleichgewicht zeigt sich nicht nur an Universitäten, auch an Gymnasien ist man als Arbeiterkind noch immer in der Minderheit. Hier beginnen die Herausforderungen. Schon der Weg zur Matura gestaltete sich für mich holpriger als für manche meiner Mitschüler. Ginge es nach meinem Vater, wäre ich heute Friseurin und hätte sicher nie eine Uni von innen gesehen. Wie ich an meine Matura, geschweige denn zu meinem Studienabschluss komme, musste ich mir deshalb schon selbst organisieren. So stand ich ziemlich oft alleine da. Das kann eine Erleichterung sein, aber auch eine Bürde. Denn manchmal sind es auch die Eltern, die einem nahelegen, ein Studium zu absolvieren. Mich hingegen hat kein Elternteil zu einem Studium gedrängt.

Ich entschied mich gleich zu Beginn des Studiums dafür, die schwierigsten Fächer zu belegen. Dazu gehörten Programmieren und Mathematik. Auch wenn für ein Informatik-Studium keine Vorkenntnisse vorausgesetzt wurden, haben mir die Prüfungen zu schaffen gemacht. Ebenso wie die Tatsache, dass ich keine Ahnung vom wissenschaftlichen Arbeiten hatte. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich den ersten Kurs dazu besucht habe: Der Professor hat mich gefragt, ob ich mir sicher sei, das Studium zu schaffen. Insgeheim hat er mich dazu aufgefordert, es lieber bleiben zu lassen. Dass zu meinem Alltag nun die Wissenschaft mit dem Ziel eines Doktorats gehört, war sowohl für den Professor als auch für mich damals nicht denkbar. Aber es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Wenn man etwas wirklich will, dann kann man das, dann macht man das und dann schafft man das auch!

© Daniela Wolf 2021-03-29

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