Vom “Es ist nur eine Phase, Hase”

Karin Prassl

von Karin Prassl

Story

Damit haben Sie geworben, lieber Herr Edi Jäger, auf Ihrem Plakat zu Ihrer Vorstellung. In dem kleinen, feinen Theater, am Land. Wir sind hingegangen. Und haben uns Ihre Berichte zu den “Alters-Puber-Tieren” angehört. Mein Liebster und ich. Es ließ uns erkennen, dass wir uns bereits inmitten dieser Phase befinden. Und so haben wir seither versucht, einige Ihrer Tipps umzusetzen, zur Therapie aller Midlife-Krisis-Symptome.

Zum Beispiel die Sache mit den Bettgeschichten. Sie sprachen davon, Dinge zu ändern. Zum Beispiel, einfach nur den Kopfpolster ans Fußende zu geben. Stofftiere ins Spiel zu bringen. Wir haben das sofort umgesetzt. Wir schlafen nun aber ausgesprochen schlecht. Wir sind es nicht gewohnt, unsere Kopfpolster am Fußende des Bettes zu platzieren. Auch kämpfen wir zwischenzeitlich mit Platzproblemen. Die vielen Kuscheltiere, die mein Mann nun – leider un-entstaubt – vom Dachboden geholt hat, halten uns sehr auf Distanz. Außerdem sind wir uns nicht sicher, ob wir nicht mit einer Stauballergie zu kämpfen haben. Seit diese Besucher in unserem Bett eingezogen sind, müssen wir oft niesen und unsere Nasen entleeren, und wenn wir schon wach sind, auch die Blasen. Wir werden dies aber mit unserem Hausarzt noch abklären.

Bezüglich der Sache mit dem Einkoch-Wahn wollte ich anfragen, ob Ihre Frau zwischenzeitlich wohl auf dem Wochenmarkt einen Verkaufsstand hat, um ihre Einkoch-Varianten anzupreisen und unters Volk zu bringen? Sollte dem so sein, so spiele ich mit dem Gedanken, mich hier anzuschließen. Mein Herzallerliebster ist nicht mehr gewillt, ein weiteres Regal im Keller aufzubauen. Ebenso weigert er sich, nun zum Frühstücksvegetarier zu werden und nur mehr meine himmlische Marmelade auf sein morgendliches Frühstücksbrot zu schmieren.

Nächstes Wochenende wollten wir uns bei einem Thermenbesuch vergnügen. Mein Mann sagt seit gestern, also eigentlich nach Ihrer Erzählung von Ihren Erfahrungen beim Wellnessurlaub – besonders die von Ihrer Massage – dass wir unmöglich wegkönnen. Seine Rückenschmerzen seien wie von Wunderhand verschwunden. Auch die Physiotherapie, die er für den Herbst schon fixiert hatte, wurde nun von ihm abgesagt. Ich bin sehr erfreut über diese Wunderheilung – wenngleich es mir um die geplante Thermenzeit doch etwas schade ist. Ich habe mir vorgenommen, ihn gesundheitlich noch mehr zu unterstützen:

Ab morgen beginnen wir mit einer Entschlackungskur. Zum Frühstück gibt es nun Sauerkraut auf Knäckebrot, so hat mein Liebster endlich eine Alternative zu meiner “einzig-artigen” Marmelade.

Ich freue mich schon so darauf.

Vor allem auf sein Gesicht, wenn ich ihm das heute Abend in unserem neu gestalteten Bett ins Ohr flüstern werde.

Ich hätte noch mehr zu berichten.

Aufgrund der Tatsache, dass wir uns aber in einer halben Stunde auf unser E-Bikes schwingen werden, darf ich mich nun von Ihnen verabschieden.

Wir kommen wieder, Hr. Jäger!

Zu Ihrer nächsten Vorstellung.

© Karin Prassl 2021-10-03

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