Es ist wie ein Katz- und Mausspiel, der Pflegekräftemangel. Ich war innerhalb der Praktika in den verschiedensten Einrichtungen und überall sieht, hört und erlebt man dieselbe Situation. Es gibt nicht genug Personal und das, obwohl jedes Jahr wieder und wieder Pflegekräfte und Pflegefachkräfte ausgebildet werden. Dem liegen mehrere Ursachen zugrunde. Die allgemeinen Arbeitsbedingungen machen den Beruf nicht unbedingt attraktiv und dass die Erfahrungen und Dankbarkeit mit den Klienten es aufwiegt, glaubt nicht jeder. Daran scheitert es wirklich junge Menschen oder auch Quereinsteiger zu überzeugen, dass Pflege ein ansehnlicher Beruf ist. Ich meine, wir werden immer mehr zur Profession. Alle Handlungen bekommen wissenschaftlich fundierte Begründungen und an sich rücken wir mehr und mehr in den Fokus. ABER! Ein Dienstplan, der sich fast täglich ändert, Überstunden bis zum Umfallen, weil man ständig einspringt, Wochenenddienste und Feiertagsdienste, Schichtsystem ohne rollender Woche und das leidige Thema sich mit sämtlichen Körperflüssigkeiten auseinandersetzen zu müssen, sind nicht die guten Seiten in der Pflege und über den emotionalen Boxsack haben wir noch gar nicht so genau gesprochen. Ich bin die, die diesen Beruf erlernt, weil es mir so viel wieder gibt. Ja, ich springe ein, meisten so häufig, dass ich mich krank arbeite. Es ist ein Kreislauf, man springt ein, arbeiten viele Tage durch und wird krank, weil der Körper irgendwann ein Limit erreicht hat und dann springen die Kollegen wieder ein. Eingesprungen wird nicht, weil wir die Stunden bräuchten. Eingesprungen wird, um die Kollegen zu unterstützen oder weil man im Hinterkopf das Wohl der Klienten hat. Ja, man soll die Arbeit nicht mit nach Hause nehmen, aber wer schon mal drastisch unterbesetzt arbeiten musste, über mehrere Tage, weiß, wieso man doch auf die Arbeit kommt. Es ist das Wohlergehen der Klienten und der Zusammenhalt im Team. Irgendwann kommen einige dennoch an den Punkt, an dem sie den Beruf hinter sich lassen müssen. Für ihre Gesundheit. In der Pflege wirst du nicht alt. Pflege geht auf Körper, Geist und Seele. Vierzig Jahre schaffen die Wenigsten und es fehlt an jeder Stelle. Im Krankenhaus, im Pflegeheim, in der Ambulanz, egal wo wir schauen, die Klagen sind dieselben. Natürlich gehen einige von uns auf die Straße, doch es können nicht genug auf die Straße gehen und für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen, denn die Verpflichtung gegenüber unserer Klienten wiegt mehr. So geht es mir zumindest. So gerne ich kämpfen möchte für diesen Beruf und das gesellschaftliche Bild vom Poabwischen und Essenreichen verändern möchte, mein Wertebild kann dies nicht. Kollegen und Klienten kann ich dafür nicht im Stich lassen und deswegen habe ich mir andere Wege gesucht, um der Pflege eine Stimme zu geben. Ich widme dieses Projekt der Pflege und habe einen Podcast. Ich wurde vom ZDF und MDR begleitet, weil ich Pflegekraft werde und in einigen Monaten bin. Vielleicht schreit die Pflege nicht laut genug, aber wir sind da. Jeden Tag stehen wir in der Frühe auf, um da zu sein, für alle Menschen, die uns brauchen. Wir sind da am Lebensende und am Lebensanfang. Wir sind da in Krankheit und Genesung. Wir sind da in der Tragödie und der Hoffnung. Wir sind da in der Einsamkeit für die Gemeinsamkeit. Wir sind es die da sind, weil wir Pflegende sind.
© Frederike Fischer 2023-08-30