von Wolfgang Ponudic
Diese Woche war ich wieder mal bei unseren Nachbarn. Sie haben, neben den Hühnern, geschätzt etwa 25 Hasen in allen Altersklassen, und ich wollte ihnen ein wenig über gebliebenes Grünzeug bringen.
Dabei beobachte ich das Gehege daneben mit den Hühnern und sehe meine Hühnerfreundin Eusebia alias Falki eher geduckt auf einem Bodenloch sitzen, vielleicht am brüten.
Sie hat uns eine Zeit lang viel Freude gemacht, mit ihren täglichen Geschenken, und dann ist sie von heute auf morgen einfach nicht mehr auf Besuch gekommen. Eine Zeit lang hab ich sie vermisst, hat sie mir gefehlt, und dann hab ich sie wieder vergesssen.
Und nun stehe ich so im Hasengehege und beobachte den vergitterten Hühnerfreilauf, ca. 8x2m mit „Dachschräge“ an und werde dabei ganz nachdenklich: naja, klar dass Eusebia nicht mehr vorbei kommt, denn sie ist ja hermetisch eingesperrt, alles ist mit kleinmaschigem Drahtgitter umgeben, damit …
Ja, wieso eigentlich?
Bei uns fliegt der Bussard und Milan, zum Schutz der Hühner wahrscheinlich nicht falsch. Ab uns zu wird auch noch ein Fuchs gesichtet, kein Fehler, einen Maschendrahtzaun zu errichten, wenn man seine Hühner schützen will. Es sind auch Nachbarn hier, allesamt wirklich nette Leute, die aber keine Hühner im Garten möchten, auch verständlich.
Wie ich also so da vor mich „hinstehe“ und vor mich hin sinniere, fällt mir auf, wie ähnlich es mir/uns doch auch geht. In Zeiten von Corona braucht man keinen Maschendrahtzaun um sich „in seiner Freiheit“ eingeschränkt zu sehen, es benötigt kein Drahtgitter um sich seinen Freiraum in der Grösse eines Babyelefanten zu erhalten, nein, noch schlimmer: es gibt das Ganze ja auch schon digital.
Aus einem Gartenzaungespräch mit den Hühnerhaltern ergibt sich eine nette Einladung zu Kaffee und einem selbstgemachten Kuchen mit Ribiseln. Ein Genuß. Während dem Kaffeplausch frage ich nach, ob Eusebia/Falki noch fleissig am brüten ist. „Nein – sie brütet schon längere Zeit nicht mehr“ so die Antwort.
Ich habe mit allerlei Antworten gerechnet, aber nicht mit dieser. Und vielleicht deshalb trifft sie mich so direkt und unvermittelt: Wenn ich so eingekastelt wäre hätte ich auch keine Lust „Eier“ zu legen.
Sicherheit und Freiheit, die zwei können nicht richtig gut miteinander, das spüre ich auch täglich in meinem Leben. Durch viele kleine Entscheidungen können wir das Maß um Teil selbst bestimmen, und das ist auch gut so.
Was dazu wohl Eusebia alias Falki sagen würde, könnte sie sprechen?
© Wolfgang Ponudic 2020-09-26