Exfreund 1: der Psychopath

Eva Maria

von Eva Maria

Story

Da war er, meine erste Jugendliebe. Ich nenne ihn mal „Psychopath“. Warum? Oh, das wirst du bald erfahren. Er war der Freund meines Bruders. Was mich an diesem Kerl so faszinierte, bleibt wohl eines der großen Rätsel des Universums. Ein kleiner Spargeltarzan, der jetzt irgendwie an Sid aus „Ice Age“ erinnert – sorry, aber die Ähnlichkeit ist verblüffend. Jedes Wochenende heftete ich mich an seine Fersen, tauchte auf, wo auch immer mein Bruder mit seinen Kumpels abhing. Ich verehrte ihn förmlich. Eines Tages – vermutlich bemerkte er, dass ich Feuer und Flamme für ihn war – schrieb er mir eine Nachricht auf meinem alten Nokia 8210. Er fragte nach meinem Interesse und schlug vor, es zu versuchen. Ich erinnere mich noch, wie ich auf der Couch lag und jubelte wie ein Kleinkind: „Ich hab einen Freund!“ Meine Mutter war entsetzt. Sie hatte sich ihren zukünftigen Schwiegersohn definitiv anders vorgestellt. Wir trafen uns, verbrachten die Wochenenden zusammen. Mit ihm hatte ich mein erstes Mal. Kurz und knackig, es war nicht so berauschend. Nach etwa 5 Monaten war die Luft raus. Ich hasste sein Parfum. Ich konnte auch nicht ertragen, wie er seine Parfums in Reih und Glied in seinem Zimmer aufstellte. Mich nervten bzw. störten die kleinsten Kleinigkeiten. Es war peinlich, wenn er mich mit seinem 2er Golf von der Schule abholte. Jetzt finde ich 2er Golf irgendwie cool. Ich konnte nicht mehr ertragen, wie er mich ansah, wie er redete. Ich fand seine Stimme abstoßend. Keine Ahnung, warum er plötzlich so schrecklich für mich wurde. Fast schon Ekel empfand ich und machte kurzen Prozess. Wir saßen auf meinem Kinderbett, und ich sagte ihm, dass ich nicht mehr mit ihm zusammen sein wollte.

Da begann das ganze Drama. Er schrieb mir täglich Romane, rief ständig an, fuhr mir nach, verfolgte mich regelrecht. Nachdem ich seine Nummer blockiert hatte, besorgte er sich Wertkartenhandys und gab sich als jemand anderes aus. Als ob ich so blöd wäre und nicht wüsste, dass er es war. Er schrieb mir Mails und Nachrichten auf ICQ. Das verbot ich ihm auch, und er flehte mich an, ihm das nicht auch noch wegzunehmen! Beim Fortgehen verfolgte er mich bis auf die Damentoilette. Als ich abends zu Fuß nach Hause ging – ohne Auto unterwegs – passte er mich ab und verfolgte mich mit seinem Wagen. Ich schlenderte über einen unbeleuchteten Feldweg nach Hause, und sobald ich das Licht eines Autos kommen sah, versuchte ich, mich irgendwo zu verstecken. Das ist doch nicht normal, oder? Wie gestört muss man sein? Der Typ kann froh sein, dass ich ihn nicht angezeigt habe. Natürlich hat mir das irgendwann Angst gemacht – aber hey, immerhin hatte ich schon mal eine potenzielle Hinterhof-Begegnung mit einem Psychopathen. Er fuhr fast täglich bei meinem Elternhaus vorbei, um zu sehen, ob ich da war. Es war zu viel. Also erzählte ich meinem Papa und meinem Bruder alles. Sie wollten mit ihm reden. Ich denke, er war so peinlich berührt, dass der ganze Spuk ein Ende hatte.

Für mich war klar: Der Typ muss aus meinem Leben verschwinden. Durch die Hilfe meines Bruders und meines Papas haben wir ihn kurzerhand im Garten vergraben, und ich hörte nie wieder etwas von ihm. Endlich hatte ich meine verdammte Ruhe. Noch heute zieht es alles in mir zusammen, wenn ich das Parfum der Marke „Mexx“ rieche. Ein klares Kriterium für mich, Männer mit Mexx-Geruch zu meiden.

© Eva Maria 2024-02-17

Genres
Humor& Satire, Biografien