von Gossengoethe
Den streng religiösen Leser:innen habe ich mit dem Titel jetzt leider schon das Ende vorweggenommen, aber Haupt-Zielgruppe sind die eh nicht. Den Rest bitte ich höflich, mit dem Googlen noch etwas zu warten, dankeschön.
Heute geht es um Franz. Eigentlich heißt er ja anders, aber wir haben immer noch gemeinsame Bekannte; nicht, dass er da etwas missversteht. Ich kenne Franz seit Kindertagen. Ganz netter Bub. Etwas langsam im Kopf und mit der nervigen Tendenz, wenn er sich freute, jemanden zu sehen, sein Gegenüber zu bespringen und notgeil zu rammeln wie ein Hund. Aber gemessen daran, dass er von einem entlegenen Bergbauernhof kam, gravierende Sprachfehler hatte und Eltern sowie Großeltern jeweils Cousinen ersten Grades waren (laut bösen Zungen Geschwister, wurde aber widerlegt), war er sonst eh kein schlechter Kerl. Solange er seine überschäumende Libido nicht an meiner armen Lendenwirbelsäule ausließ.
Dann sah ich ihn jahrelang nicht mehr; ich wusste aber über Dritte, dass er sich dank Logopädie und Handwerkslehre zum recht ansehnlichen Bursch gemausert hatte. Immer noch nicht die hellste Kerze auf dem Kuchen, aber immerhin. Nun saß ich mit einer Freundin auf einer Bar-Terrasse, als er, mir grüßend zunickend (beide dasselbe Gesicht wie damals, nur mit Bart!), vorbeispazierte. Im Arm eine blonde Schönheit in Highheels, die ich unter dem Kilo Make-Up kaum als Halbschwester der vor mir sitzenden Freundin erkannte. Versteht mich jetzt nicht falsch, ich bin zwar Feminist, aber das heißt nicht, dass ich alle Frauen mögen muss, und die hier ganz gewiss nicht. Eitle Schnepfe mit reichem Daddy, die mich in den zwei Mal, die wir uns unterhalten hatten, von oben herab angesehen hatte wie einen Affen im Zoo, und mich auch jetzt nicht grüßte, nur flüchtig das Schwesterlein. Mir wurscht bzw. recht, ich war beschäftigt mit der Frage, warum gerade SIE mit IHM??? Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an, aber dann gleich so krasse?
Diese Gedanken tat ich auch kund, sobald die beiden außer Hörweite waren. Die Freundin lächelte nur vielsagend. „Sie hat sich da mal darüber verplappert, aber tut mir leid, ich musste schwören nichts zu sagen.“ Ich flehte sie an, weniger weil mir der Klatsch und Tratsch so wichtig war, als dass ich es hasse, dumm sterben zu müssen. Sie blieb trotz allem eisern dabei, aber sobald sie ihren Kaffee bezahlt hatte und sich erhob, um zu gehen, notierte sie etwas auf der Rückseite des Kassabons, „Gesagt habe ich so ja nix!“, bevor sie grinsend abhaute. Ich nahm den Wisch und las da nur: „Ezechiel 23:20“. Welcher Illuminatischeiß war denn das nun wieder? Ich bin römisch-katholisch getauft und hatte zwölf Jahre lang Religionsunterricht; ich wusste, Ezechiel ist der mit den fetzigen Gewaltfantasien, die denen widerfahren, die andere als den Einen Gott anbeten. Aber genaue Stellen hatte ich nicht im Kopf. Handy 0% Akku, also nutzlos zur Recherche, Bibel hatte der Wirt keine im Haus, also musste ich wohl oder übel neugierig nach Hause sprinten und eine aus meinem Bücherregal kramen.
Sobald ich das getan hatte, war es mir die Mühe dann aber auf jeden Fall wert, denn unter Ezechiel 23:20 steht geschrieben, in den Worten Gottes, unseres Herrn: „Und es erwachte in ihr die Gier nach ihren Liebhabern, deren Glieder wie die Glieder der Esel und deren Erguss wie der Erguss der Hengste waren…“
© Gossengoethe 2023-06-21