von E_Wa
Sie hatte diesen dringlichen Wunsch nach Familie. Den Traum von heiler Welt und sie wollte alles genauso haben, wie sie es immer in diesen romantischen amerikanischen Filmen sah. Einen Mann mit einem guten Einkommen, einen anerkannten Beruf, 2 hübsche und kluge Kinder, ein Haus mit Garten in guter Wohngegend.
Sie war nicht im klassischen Sinne schön, aber sie war hübsch und hatte eine gute und wohlgeformte Figur. Es mangelte ihr nie an Verehrern, nie an Verabredungen und an Einladungen. Sie war wortgewandt, klug, charismatisch, einwenig frech und prall gefüllt mit Lebenslust. Sehr früh wusste sie schon, welche Signale sie aussenden musste, um an den Mann zu kommen. Ihre Ansprüche waren hoch, keiner war gut genug. Und…sie mochte sich nicht festlegen. Bestimmt gab es irgendwo noch interessantere, gebildetere, lustigere und aufregendere Männer.
Niemand wusste, warum dann die Wahl auf diesen Mann gefallen war. Er war ein verwöhnter und lebensuntüchtiger Mensch, der nie erwachsen geworden und immer ein Kind geblieben war. Ein Mann ohne Verantwortung. Ein Narzisst. Selbst seine eigene Mutter fand selten lobende Worte für den eigenen Sohn. Dennoch investierte sie ihr Vermögen in regelmässigen Abständen in ihn.
Es sprach im eigentlichen Sinne nichts für diese Verbindung, keiner glaubte daran, dass diese Beziehung Früchte tragen würde. Doch es kamen 2 Kinder. Beide waren hübsch, musikalisch und talentiert. Bald folgte ein Haus mit Garten in guter Lage. Nachdem das Haus fertig und eingerichtet war, kam es… wie es so im juristischen Sinne heißt, zu unüberwindbaren Differenzen und eine andere Frau war von ihm schwanger.
Er zog aus.
Damit die Kinder nicht mitansehen mussten, wie der Vater ging und seine Sachen packte, fuhr sie mit den Kindern ein paar Tage ans Meer. Als sie zurück kamen, war alles weg. Alle Möbel, alle Wert- und alle Gebrauchsgegenstände. Was ihr blieb, waren die Kinder, die Schulden, die unaussprechliche Fassungslosigkeit und die Forderung, das Geld, das seine Mutter ins Haus eingebracht hatte, zum ehest möglichen Zeitpunkt an ihn zurück zu zahlen.
Was folgte war die Bürde die eine Alleinerzieherin mit Schulden zu tragen hat.
Doch sie entwickelte Ehrgeiz, Phantasie und Mut und hatte durch ihre Eloquenz stets gut bezahlte Jobs. Die monatlichen Fixkosten, die Kreditraten und die Rückzahlung an ihn, konnte Sie aus eigner Kraft bestreiten. Den Kindern merkte niemand an, dass sie die Kinder einer Alleinerzieherin waren. Es fehlte Ihnen an nichts, sie baute ihnen ein Nest und ließ wenig Störungen von außen zu.
Nachdem die Kinder erwachsen, der Stress abgeklungen und wieder Ruhe in ihr Leben eingekehrt war, stellte sie überrascht fest, dass er ihr niemals gefehlt hat. Sie erkannte, dass es einzig der Traum nach der heilen Welt, der Wunsch nach Familie war, der sie an- und in die Arme dieses Taugenichts getrieben hatte.
Doch unsagbar müde ist sie heute noch.
© E_Wa 2019-06-24