Falscher Fuß

Alexander Heller

von Alexander Heller

Story

Ich bin heute mit dem falschen Fuß aufgestanden. Genau genommen sind beide meiner Füße falsch aufgestanden. Mir wurde klar, dass dieser Tag eine Katastrophe wird, und zwar ab dem Zeitpunkt, als ich auf der Toilette saß und der WC-Sitz gebrochen ist. Gut, ich habe in der letzten Zeit ein wenig zu genommen, aber wegen 3 zusätzlichen Kilos bricht noch kein WC-Sitz in zwei. „Selber fett.“, grunzte ich der Toilette entgegen. Ich erkannte die Anzeichen und ging zum Gegenangriff über. Ich setzte mich auf den Boden im Badezimmer und meditierte einige Minuten. Wenn ich schon mit wehenden Fahnen untergehe, dann mit Entspannung im Gesicht. Was folgte war ein Ablauf an Pleiten, Pech und Pannen, die jedes Fernsehformat lieben würde. Meine Zahnbürste fiel ins Klo, weshalb ich aufgrund Mangels einer Zweiten meine Zähne mit den Fingern putzen durfte. Weiter ging es zum Hund, der sich spontan dazu entschied, auf den Teppich zu kotzen. Natürlich ohne mein Wissen, damit ich aus dem Bad direkt in warmes Erbrochene stiefelte.

Der Zug fuhr vor meiner Nase davon und der nächste Zug kündigte sich mit 10 Minuten Verspätung an. Bei der Kartenkontrolle in der Bahn stürzte mein Handy mehrmals ab und ich stand ohne gültigen Fahrschein da. Im Büro angekommen waren alle vorhandenen Kaffeemaschinen mit der Aufschrift „Defekt“ versehen. In der nahe gelegenen Bäckerei gab es zwar einen miserablen Kaffee, dafür aber eine Warteschlange, die ins Guinness Buch der Rekorde aufgenommen werden könnte. Der Kaffee war nicht nur miserabel, er sorgte auch für ordentlich Grummeln im Magen. Ich überprüfte die verpassten Anrufe und E-Mails, die innerhalb der paar Minuten eingegangen sind, als ich Kaffee holen war. Ich verbrachte die meiste Zeit damit, Telefonate zu führen, obwohl ich telefonieren hasse.

Ich wollte ein Glas Wasser trinken und schüttete mir den kompletten wässrigen Inhalt über die Hose. Es sollte später zum Regnen anfangen, und zwar pünktlich, wenn ich das Büro verlasse. Von daher war das gar nicht so tragisch. Natürlich verpasste ich den Zug um ein paar Sekunden, dafür fiel der nächste Zug gleich komplett aus. Ich wollte nur noch nach Hause. In die 4 sicheren Wände. Ich rief ein Taxi und stellte am Zielort fest, dass meine Kreditkarte gesperrt wurde. Ich überprüfte meinen Geldbeutel und hatte genau noch so viel Geld übrig, dass ich den Taxifahrer bezahlen konnte. Ein kleiner Lichtblick. Immerhin musste ich nicht in Naturalien oder ähnlichem zahlen. Ich versprach ihm, dass es das nächste Mal das Doppelte an Trinkgeld bekommen würde und überreichte ihm meine Visitenkarte, damit er mich auch nicht vergisst. Ab diesem Zeitpunkt wurde mir klar, dass es wieder bergauf gehen wird. Wie sonst sollte ich genau den Betrag im Geldbeutel finden, den ich für die Bezahlung des Taxifahrers benötige? Ich habe sonst nie Bargeld dabei. Ich werde morgen trotzdem im Handstand aufstehen und die Füße noch eine Runde dösen lassen. Sicher ist sicher.

© Alexander Heller 2021-10-21

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