Träume sind fragil. Träume sind zerbrechlich. Doch sie bringen einen dazu, an das Unmögliche zu glauben. Ich habe dadurch eine Familie gefunden. Wir haben uns gesucht und gefunden. Sie ist warmherzig, so voller Liebe für mich, rücksichtsvoll und unterstützt mich in allen Belangen, damit meine Wünsche und Träume wahr werden können.
Sie wissen nicht, dass genau diese Familie mein größter aller Wünsche war und nur durch sie in Erfüllung gehen konnte. Sie sind ein Geschenk. Ich hüte es wie meinen Augapfel. Niemand darf etwas gegen meine Familie sagen oder tun. Das Größte für mich, war, als ich gefragt wurde, ob ich bei ihnen einziehen möchte. Ich sehnte mich inmitten einzelner Kinder ohne Familie nach genau dem. Nach einer richtigen Familie. Mama, Papa, Bruder, Hund.
Ich war das glücklichste Kind auf der Welt. Ich, die glaubte, nicht gut genug zu sein, hatte eine Familie bekommen. Ich war gut genug für sie und bin es bis heute.
Was kaum einer weiß, sind die Dinge, die das mit einem macht. Weggegeben zu werden, in ein Haus voller weiterer einzelner Kinder, die allein waren. Man denkt, man ist nicht gut genug, man ist schlecht, man hat alles falsch gemacht und muss jetzt die Konsequenzen dafür tragen. Allein. Keiner ahnt, wie es ist, jeden Tag das Essen in sich hineinzustopfen, aus Angst, man bekommt sonst nichts mehr. Das geliebte Spielzeug wird geteilt. Nein, es ist nicht mehr dein Eigentum. Alles wird geteilt. Süßigkeiten werden versteckt, um sie nicht teilen zu müssen.
Ich zog bei meinen Eltern ein. Ich durfte sie Mama und Papa nennen und mit meinem Bruder spielen. Ich habe einen eigenen Platz am Esstisch bekommen, durfte in Mamas Armen Trost finden, wenn es mir nicht gut ging und Papa erklärte mich alles, was ich wissen wollte. Mein Spielzeug war meins. Niemand durfte es mir wegnehmen. Mit der Zeit lernte ich, dass sie mich liebten. Absolut und bedingungslos. Sie nahmen mich als ihr Kind an. Ich war ihre Tochter. Ich war endlich gut genug.
Mein Traum war wahr geworden. Doch etwas fehlte. Für Außenstehende mochte es banal sein. Für mich bedeutete es die Welt.
Viele sagen, Namen machen einen Teil der Identität aus.
Fünfzehn Jahre nach meinem Einzug in die für mich allerbeste Familie, die mich über alles liebt, habe ich es geschafft. Vom Gericht bestätigt: Ich darf so heißen, wie meine Familie. Endlich! Jeden Tag aufs Neue bin ich glücklich darüber, dass meine Eltern meine Eltern sind. Ich habe es geschafft. Ich wurde geliebt und werde auch immer geliebt werden. Bedingungslos. Nichts und niemand kann uns voneinander trennen.
Wir sind eine Familie.
Für Immer!
© Michelle Weber-Risse 2022-07-24