von Leinad
“Indien, na da möchte ich nicht hin! Dort gibt es so viel Armut, überall Bettler und auf den Straßen stinkts!”
So kennt meine Oma Indien. Aus dem Fernsehen. So sieht ihre Realität aus, meine jedoch ganz anders. Meine Freundin ist gebürtige Inderin. Kommend aus einem der schönsten Bundesstaaten in Indien, Kerala. Endlich war es so weit und ich durfte mit ihr und ihrer Familie nach Indien reisen, um dieses faszinierende Land zu erleben und tief in die Kultur einzutauchen. Ich hatte mir bereits unzählige Videos über Kerala angesehen. Die Wasserwelt Backwaters, mit ihren unzähligen Kanälen und den hunderten Hausboten, das Teegebiet um Munnar, die vielen Wasserfälle und Berge als auch die Wildniss, die es dort zu entdecken gab. Ich gebe zu, in unserer westlichen Gesellschaft ist es schwer, die Vorurteile der anderen auszublenden und sich ein eigenes Bild zu machen. Da ich jedoch ein sehr offener Mensch bin, fiel mir das relativ leicht und ich freute mich schon sehr auf das tropische Klima, die Palmen und die Natur. Nach einem doch recht anstrengendem Flug über Delhi landeten wir in Kochi. Das ist übrigens laut den Indern der modernste Flughafen der Welt! Wusste ich auch nicht. Dieser wird zu 100% mit Solarenergie versorgt und zwischen den Solar Panelen wird sogar Gemüse angepflanzt. Ja, so nachhaltig kann Indien sein und ist Indien auch! Am Flughafen angekommen warteten bereits die Schwiegereltern, die 2 Wochen vorher angereist waren. Sie haben sich nämlich für die Pension ein wunderschönes Haus in ihrem Heimatdorf gebaut, indem wir die erste Woche verbringen würden.
Weg vom Trubel der Stadt, inmitten wunderschöner Natur liegt ihr Haus, von Palmen mit Kokosnüssen und tropischen Pflanzen umgeben. Ich fühlte mich sofort wie zuhause. Die Menschen sind alle so herzlich und nett! Ganz anders als bei uns, wo leider vermehrt das eigene Ego und Machtspielchen an der Tagesordnung stehen. Am ersten Morgen nach einer kleinen Yoga Einheit auf der Terrasse gab es Frühstück. Sooo viele Früchte und leckeren Chai Tee. Ich liebe Chai! Am nächsten Tag waren wir bereits bei einer großen Familienfeier eingeladen. Dem 50 jährigen Jubiläum einer Tante, die Klosterschwester ist. Die Feiern in Indien sind kaum mit unseren zu vergleichen. Ich habe eine recht große Verwandtschaft und Feiern mit 50 bis 70 Leuten sind bei uns oft Standard. Im Pfarrheim im Ort, wo die Feier stattfand, durfte ich jedoch 500 Leute kennen lernen! Ich muss zugeben, mir war das ein wenig “too much”. Vor allem als Hochsensibler. Nach der Kirche, wo Frauen und Männer nach wie vor getrennt sitzen, ging es in den Pfarrsaal zum Mittagessen. Das Essen war wie immer köstlich. So viel Vegetarisches und scharf gewürzt, ich könnte schwärmen. Es geht jedoch sehr schnell. Ist eine Familie mit dem Essen fertig, wird schnell vom Personal neu gedeckt und die nächsten kommen dran. Es ist schon gefühlt wie eine Massenabfertigung, aber hey, bei so vielen Leuten muss man improvisieren.
© Leinad 2022-03-08