Fanatischer Glaube (Kapitel 2)

Susanne Schütte

von Susanne Schütte

Story

Total verängstigt ging ich zur Tür. Das ist doch eigentlich nicht mein Haus, also wer sollte hier klopfen? Das war noch nicht einmal mehr klopfen, das war richtiges Hämmern. Also wollte wohl irgendwer etwas sehr dringend von mir. Aber ich wohne nicht hier. Weiß irgendwer, dass ich hier bin? Wer könnte denn auf eine so aggressive Art und Weise etwas von mir wollen? Langsam war ich an der Tür angekommen, doch es gab kein Guckloch in der Tür. Ich konnte nicht sehen, wer vor der Tür stand. Es war eine schwere Holztür, von draußen konnte ich gar nichts sehen. Ich war noch am Überlegen, ob ich die Tür wirklich öffnen sollte. Was ist, wenn die Person mir etwas antun möchte, ich weiß ja gar nichts. Das Datum war mir nicht bekannt, der Ort an dem ich gerade bin und die Uhrzeit ebenso. Sollte ich es wirklich riskieren und die Tür öffnen? Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als es wieder an die Tür hämmerte. Ich befürchtete, dass, solle ich jetzt nicht öffnen, die Person nie damit aufhören würde. Also öffnete ich vorsichtig und mit einer kleinen Panikattacke die Tür. Ich schielte schüchtern durch den Türspalt und erspähte, wer so aggressiv hier war. Das, was ich sah, hat mich noch viel mehr erschrocken, als alles andere. Es stand ein kleines Mädchen vor der Tür von vielleicht fünfzehn Jahren. Vielleicht sah es auch nur so jung aus, man weiß ja nie. Jeder sieht ja nicht unbedingt so aus, wie sein wahres Alter. Das Mädchen besaß blonde, sehr lange Haare und große blaue Augen. Es war sehr zierlich und klein, also konnte von ihr ja nichts böses herkommen. Ich fragte sie, immer noch verängstigt, wer sie sei und was sie von mir wolle. Sie antwortete mit einer lieben Stimme, dass sie Anna hieße und gerade vor Menschen geflohen sind, die sie in der Stadt wegen ihres Glaubens verfolgt haben und ihr etwas antun wollten. Mir lief es kalt den Rücken herunter, als sie mir die gesamte Geschichte erzählte, die von ihrem Glauben, ihrer Familie und dem Horror, den sie erlebten. Wie ich bereits gesagt habe, war ich selbst kein sehr gläubiger Mensch, Religion war mir dementsprechend persönlich nicht sehr wichtig, doch dass, was das Mädchen erzählte berührte mich auf einer ganz besonderen Ebene. Ich konnte nicht glauben, dass jemand nur wegen seines Glaubens und seiner Religionsauffassung so dermaßen schlecht behandelt werden würde. Der Glaube kann Menschen doch Kraft schenken und wenn sie ihre Kraft in dem Glauben findet, so soll sie ihn doch ausleben dürfen. So lange sie natürlich niemanden damit verletzt. Alle sollten so glücklich werden dürfen, wie sie es selbst wollen und so leben dürfen, wie es nach deren Auffassung richtig ist. Das sollte doch auch jeder akzeptieren. Natürlich erzählte ich ihr nicht, dass ich ungläubig bin, das konnte sie jetzt nicht gebrauchen. Mir tat sie leid, also bat ich sie herein. Ich konnte ja nicht ahnen, dass das der größte Fehler meines Lebens sein sollte.

© Susanne Schütte 2021-04-01