von Gabriele Koubek
Mein Schwiegervater Eduard ist über 90 Jahre alt und er erinnert sich an seinen Vater Ferdinand.
Ferdinand Koubek wurde am 17.Jänner 1882 in Neuwessely geboren. Neuwessely heißt heute Nové Veselí und befindet sich am Oberlauf der Oslava in der Böhmisch-Mährischen Höhe.
Ferdinand hatte viele Geschwister. Er selbst war nur 1,64 Meter groß, während seine Brüder fast 2 Meter groß waren. Einige seiner Geschwister sind nach Wien gezogen. Ein Bruder, Johann, arbeitete im Arsenal als Waffenmeister und kam dort bei einer Explosion ums Leben. Eine Schwester, Marie, war mit einem Tischlermeister verheiratet und hatte in Wien 2 Schrebergärten.
Ferdinand war Huf- und Wagenschmied und ist als Handwerksbursch in die Steiermark nach Rottenmann eingewandert. Von dort hat ihn seine Arbeit durch viele Dörfer geführt.
Seine Frau lernte er in Kalwang kennen. Maria war Stubenmädchen in einem Jagdschloss des Grafen Silva Taroucca in Teichen, einem Ortsteil von Kalwang. Dort machte Ferdinand Reparaturarbeiten als Schmied.
Nach seiner Heirat mit Maria Endespfarrer am 26. Oktober 1908 haben sich die Beiden in Wartberg niedergelassen. Ferdinand arbeitete als Störschmied. Das bedeutet, dass er von Bauernhof zu Bauernhof gegangen ist und dort die Schmiedearbeiten und die Arbeiten als Hufschmied gemacht hat. Sehr oft wurde er in Naturalien bezahlt.
In Wartberg 22 wohnte die Familie im Haus des Sängers Hans Paar zur Miete. In diesem Haus wurde auch Eduard, als jüngstes der 10 Kinder der Familie geboren.
Im Hof des Hauses hat sich Ferdinand eine kleine Schmiede aus Holz eingerichtet. Dort hat er für seine Frau den Küchenofen selbst gebaut.
Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem Ferdinand an der Front kämpfte, kam er als Kriegsinvalide nach Hause. In Galizien hatte er sich eine schwere Lungenkrankheit geholt.
Die Familie musste keinen Hunger leiden. Sie hatten einige Hühner und Schweine. Die Mutter arbeitete bei den Bauern der Umgebung und die Kinder sammelten im Wald Pilze, Preiselbeeren und Schwarzbeeren, die sie verkaufen konnten.
Die Buben trugen damals lange Unterhosen und darüber eine kurze Lederhose. Vom April bis in den Oktober hinein wurde barfuß gelaufen, da es nicht für alle Schuhe gab. Eduard erinnert sich an seine erste lange Hose, die er mit 10 Jahren bekommen hat.
1948 wurde Ferdinand krank und ist bald darauf verstorben. Er hatte einen Tumor auf der Milz und war in Mürzzuschlag im Krankenhaus. Sein Sohn erinnert sich an damals, als er mit seiner Mutter zu Fuß die 20 km bis zum Krankenhaus gegangen ist, um den Vater zu besuchen.
© Gabriele Koubek 2020-08-09